Familienbund der Katholiken zum Konjunkturpaket

"An Familien denkt man leider erst zuletzt"

Mit dem Corona-Hilfspaket der Bundesregierung sollen Familien finanziell entlastet werden. Der Präsident des Familienbundes der Katholiken begrüßt die getroffenen Maßnahmen, die Politik habe aber die Situation von Familien nicht genug im Blick. 

Mit dem Kinderbonus sollen Familien in der Corona-Zeit entlastet werden / © Stephan Kern (DR)
Mit dem Kinderbonus sollen Familien in der Corona-Zeit entlastet werden / © Stephan Kern ( DR )

DOMRADIO.DE: Die Familien dürfen sich über 300 Euro für jedes Kind freuen. Kommt das Geld den Kindern tatsächlich zugute? Was glauben Sie?

Ulrich Hoffmann (Präsident des Familienbundes der Katholiken): Ich denke, dieses Geld kommt den Kindern zugute. Es kommt den Familien insgesamt zugute, die jetzt seit gut einem Vierteljahr sehr hohen Belastungen ausgesetzt sind. Sie haben zwischen Homeoffice, Homework und Homeschooling hin und her hier große Dinge zu leisten. Und da sind diese 300 Euro auf der einen Seite gut, aber das reicht natürlich nicht aus und ist nicht wirklich in der Lage, das, was hier Familien leisten, adäquat zu kompensieren.

DOMRADIO.DE: Alleinerziehende werden steuerlich entlastet, allerdings zeitlich befristet wie so ziemlich alles in dem Konjunkturpaket. Aber das klingt doch im Prinzip nach einer guten Maßnahme, oder?

Hoffmann: Im Prinzip ist das tatsächlich eine gute Maßnahme. Auch die Absenkung der Mehrwertsteuer, wenn sie denn wirklich bei den Verbrauchern ankommt, ist eine für Familien sinnvolle und hilfreiche Maßnahme. Es ist durchaus so, dass es in diesem Konjunkturpaket hilfreiche Dinge für Familien gibt. Allerdings bleibt es dabei, dass gerade Kinder und Familien diejenigen sind, die die in dieser Krise am meisten zu tragen haben und an deren Entlastungen man leider erst zuletzt denkt.

DOMRADIO.DE: In der Krise hat sich gezeigt, dass die Schulen teilweise ziemlich abgehängt sind, was das digitale Lernen betrifft. Das hat auch Bundeskanzlerin Merkel bestätigt. Was müssen die Länder da aus der Krise lernen?

Hoffmann: Tatsächlich ist in puncto Digitalisierung Deutschland alles andere als ein Vorreiter. Hier muss viel nachgeholt werden. Wir berichten auch hier in meiner Gegend in Bayern, dass viele Eltern oder Schüler klagen, dass sie in die Netze der Schulen gar nicht hineinkommen, weil diese völlig überlastet sind. Hier muss tatsächlich dringend nachgearbeitet werden, wobei das Heil der Schulen auch wiederum nicht in der Digitalisierung liegt, weil das direkte miteinander Lernen, die Begegnung, die sozialen Kontakte, natürlich durch digitale Formate nicht ersetzt werden können.

DOMRADIO.DE: In der öffentlichen Diskussion kam in den vergangenen Tagen immer wieder der Vorwurf, dass sich die Gesellschaft mehr für Autoprämien interessiert als für Familien und Kinder. Ist das gerechtfertigt? 

Hoffmann: Es ist natürlich schon eine etwas polemische Zuspitzung. Von der Sache her kann man dem, wenn man sich die Maßnahmen anschaut, auch nicht wirklich widersprechen. Die Wirtschaftsfaktoren sind natürlich auch für Familien wichtig, aber die waren viel stärker im Blick als etwa Familien und Kinder, die in dieser Zeit auch viel zu erdulden haben und über Monate hinweg von ihren sozialen Kontakten abgeschnitten sind.

Was das in den Kinderseelen auslöst und dass es hier dringenden Veränderungsbedarf gibt, wurde meines Erachtens viel zu spät gesehen, wenn es denn überhaupt schon gesehen wird.

Das Interview führte Tobias Fricke. 


Ulrich Hoffmann / © Werner Schüring (KNA)
Ulrich Hoffmann / © Werner Schüring ( KNA )
Quelle:
DR