Langsame Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Österreich

"Österreich probt die Auferstehung nach Ostern"

Österreichs Kanzler Kurz stellt die Öffnung kleinerer Geschäfte nach den Feiertagen unter strengen Auflagen in Aussicht. Ebenso soll es eine Mundschutz-Pflicht geben. Was bedeutet das für die Kirche in Österreich?

Österreichs Kanzler Kurz lockert Maßnahmen zum Coronavirus / © Helmut Fohringer (dpa)
Österreichs Kanzler Kurz lockert Maßnahmen zum Coronavirus / © Helmut Fohringer ( dpa )

DOMRADIO.DE: Österreich will seine drastischen Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus nach Ostern schrittweise lockern. Bundeskanzler Kurz sprach an diesem Montag von der Öffnung von kleinen Geschäften unter strengen Auflagen ab dem 14. April. Die Ausgangsbeschränkungen werden allerdings bis Ende April verlängert. Auch Schulen bleiben noch bis Mitte Mai zu. Wie sollen denn die angekündigten Lockerungen aussehen?

Klaus Prömpers (Journalist): Kanzler Kurz machte, wenn man so will, eine Anleihe durchaus beim Osterfest. Man könnte sagen, Österreich probt die Auferstehung nach Ostern, ab Oster-Dienstag. Ganz genau sagte er nämlich, man verkünde heute die schrittweise Auferstehung der kleinen Geschäfte nach Ostern. Klein definiert, nicht mehr als 400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Alle weiteren Schritte dann ab 1. Mai, wenn es dabei bleibt, dass die Neuinfektionen weiter so zurückgehen, wie sie es in der letzten Woche getan haben.

Zurzeit gelten Ausgangsbeschränkungen. Man darf hier nur raus, wenn man zur Arbeit, zum Einkaufen oder jemandem in der Nachbarschaft helfen geht oder sich die Beine vertritt, sprich spazierengeht. Und das dann nur in Gesellschaft derer, mit denen man zusammen in einer Wohnung lebt.

DOMRADIO.DE: Österreich war zu Beginn der Corona-Krise sehr schnell mit strengen Maßnahmen. Ist Österreich denn auch umso schneller fertig mit dem Problem der Ausbreitung des Coronavirus?

Prömpers: Ob das endgültig so sein wird, kann man noch nicht sagen. Das hängt, wie auch der Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen sagte, wesentlich von der vor uns liegenden Woche ab. Wenn der Trend, der sich in der letzten Woche abzeichnete, weniger Neuinfektionen und Neuinfektionen unter zwei pro Person, anhalten wird – dann kann man hoffen, dass man weiter die Restriktionen abbauen kann. Aber, das wird ein sehr langer und mühevoller Prozess. Wir deuteten das ja schon an, nach den kleinen Geschäften kommen vielleicht zum 1. Mai dann alle anderen Geschäfte, inklusive der Friseure.

Vielleicht kommen ab Mitte Mai Hotels und Gaststätten, aber keine Großveranstaltungen vor Juli dieses Jahres. Es wird noch eine auf freiwilliger Basis basierende App geben, die kontrollieren soll, wer mit wem in Kontakt gestanden hat, wenn es zu Neuinfektionen kommt. Es gab ja einen Test von 2000 Personen in einer bestimmten Zielgruppe, um herauszufinden, wie weit der Virus schon vorgedrungen ist. Nach ersten vorläufigen Ergebnissen sagte Kanzler Kurz heute, man könne allenfalls von einem Prozent der Bevölkerung ausgehen, die bereits den Virus in sich tragen. Da ist also noch eine hohe Dunkelziffer. Da muss man  weiter nachforschen und genauer testen. Es sind noch sehr viele Unsicherheiten mit den ersten tastenden Schritten aus der Selbstisolation verbunden.

DOMRADIO.DE: Ein in Deutschland heftig umstrittenes Thema ist das Tragen von Mundschutz. Nun soll in Österreich das Tragen eines Mundschutzes nicht nur in Supermärkten und Drogerien, sondern überall zur Pflicht werden. Wie wird diese Pflicht aussehen und wie bereitwillig werden die Österreicher diese Vorgabe umsetzen?

Prömpers: Der Mundschutz soll ab Ostermontag verpflichtend werden, also ab dem 13. April, und hauptsächlich durch die Supermarktketten, die sie besorgen, zur Verfügung gestellt werden. Aber man kann auch privaten Mundschutz benutzen und den sieht man schon in letzter Zeit sehr viel häufiger in der Öffentlichkeit, wo Menschen sich selbst so etwas geschneidert haben. Das hat ja den Vorteil, dass man es bei 60 Grad oder mehr waschen und wiederverwenden kann.

Man weiß, der Mundschutz schützt andere vor dem eigenen Spucken, aber man schützt sich selber nicht, sollte man einem Infizierten zu nahe kommen. Denn so engmaschig sind diese verpflichtend gemachte Mundschütze nicht. Die Bereitwilligkeit scheint sehr groß zu sein und es soll auch zunächst nicht bestraft werden, wenn man beispielsweise in der Straßenbahn keinen trägt. Aber nach einer gewissen Zeit wird es auch Strafen geben, beispielsweise 50 Euro, wenn man nicht den Mundschutz trägt.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet denn die Lockerung der Maßnahmen für die Religionsgemeinschaften? Gibt es schon Hinweise darauf, dass öffentliche Gottesdienste in Österreich vielleicht bald wieder möglich sind?

Prömpers: Eine ganz schwierige Frage, die noch nicht geklärt ist. Ich habe gerade mit mehreren Vertretern von Religionsgemeinschaften telefoniert. Eines der Hauptprobleme der katholischen Kirche wird darin gesehen, dass man ja meistens in den Kirchen, an den Wochenenden und auch in der Woche, die gefährdetste Zielgruppe, nämlich die älteren Menschen in der Kirche sitzen und beten hat. Da muss man sehr vorsichtig sein, wenn man die wieder zurück in die Kirche bittet.

Man wird das sehr vorsichtig tun, und ich denke mal, man wird das letztlich nicht vor dem 1. Mai tun. An Ostern wird sich in den Kirchen gar nichts abspielen, außer, dass Kardinal Schönborn seinen Gottesdienst durch das Fernsehen übertragen lassen wird und andere Priester ihre Gottesdienste für ihre Pfarreien ins Internet stellen. Erstmals wird es hier auch eine Gottesdienstübertragung der evangelischen Kirche am Karfreitag geben, was sehr ungewöhnlich in Österreich ist, denn Karfreitag ist hier kein Feiertag. Bisher tastet man sich noch vorsichtig vor, will sich absprechen, auch mit der Regierung, was man wann wirklich verantwortungsvoll machen kann. Ich denke, vor dem 1. Mai wird da nicht viel passieren.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Klaus Prömpers (privat)
Klaus Prömpers / ( privat )
Quelle:
DR