Atomwaffensperrvertrag sollte die Welt sicherer machen

"Die Bindungskraft solcher Verträge lässt nach"

Wichtiges Dokument für den internationalen Frieden oder vielmehr Papierbekenntnis? Der Atomwaffensperrvertrag trat vor 50 Jahren in Kraft. Fraglich ist, welche Bindungskraft das Abkommen heute noch hat.

Eine alte Gasmaske / © Sergey Khamidulin (shutterstock)
Eine alte Gasmaske / © Sergey Khamidulin ( shutterstock )

Teheran droht, die Amerikaner drohen, die Europäer stehen dazwischen: Es geht um das Atomprogramm des Iran. Ins Zentrum des Konfliktes rückt zunehmend der Atomwaffensperrvertrag, als Druckmittel und Bindeglied zugleich. Sollte Europa sich von Iran abwenden, trete Teheran aus dem Abkommen aus, mahnt Iran. Nordkorea hat diesen Weg bereits 2003 gewählt und sich international zunehmend isoliert. Die Folgen eines solchen Schrittes für Iran sind nicht abzusehen.

Der Atomwaffensperrvertrag basiert auf einer freiwilligen Verpflichtung der Staaten. Im Kern geht es darum, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Kernwaffen und das technische Wissen dazu nicht weiter zu geben. Die Atommächte sagen zu, ihre Waffenarsenale abzubauen - im Gegenzug verzichten alle anderen Unterzeichner auf Atomwaffen. Zudem kooperieren die Staaten bei der zivilen Nutzung der Technologie, etwa zur Energiegewinnung.

Abkommen trat am 5. März 1970 in Kraft

Das Abkommen wurde im Kalten Krieg zur Hochphase der nuklearen Aufrüstung ausgehandelt. Ein Blick zurück zeigt, wie akut ein atomarer Konflikt damals schien: "Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind lebt unter einem nuklearen Damoklesschwert, das an einem seidenen Faden hängt, der jederzeit zerschnitten werden kann durch Zufall, Fehlkalkulation oder Wahnsinn", erklärte 1961 der damalige US-Präsident John F. Kennedy vor den Vereinten Nationen.

Am 1. Juli 1968 unterzeichneten die USA, Russland und Großbritannien den Vertrag. Er sollte Sicherheit und Verlässlichkeit auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs stiften. Das Abkommen trat am 5. März 1970, vor 50 Jahren, in Kraft. Außer den Gründern haben inzwischen 190 Staaten unterzeichnet. Nicht dabei sind bis heute die Atommächte Indien, Pakistan und Israel.

Trotzdem sprechen Experten von einer Erfolgsgeschichte. "Ziel des Vertrags war, die Gefahr eines Atomkriegs zu minimieren - und dazu ist es bis heute nicht gekommen", sagt der Trierer Konfliktforscher Sascha Werthes. Einmal in Kraft, entwickelten solche Verträge eine "erstaunliche Bindungskraft". Ein weiteres Plus: Sie eröffneten Wege zur Krisenbewältigung und zum Dialog. Als Erfolg kann auch gelten, dass viele Staaten ihre Ambitionen auf Atomwaffen aufgaben, darunter Südafrika, Brasilien und Argentinien.

Ein Blick auf die Zahlen hingegen ernüchtert. Abrüstung? Fehlanzeige.

Nuklearwaffen als "Lebensversicherung" eines Staates?

Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri besagen, dass im vergangenen Jahr die Anzahl der Atomwaffen im Vergleich zu 2018 zwar um vier Prozent abnahm: Die Forscher rechnen nun weltweit mit 13.865 Waffen, 600 weniger als 2018. Investiert wurde dafür in modernere Waffen. Angesichts der Zerstörungskraft scheint die genaue Anzahl wenig relevant - die vorhandenen Waffen könnten das Leben auf der Erde komplett auslöschen.

Umgekehrt führen Verfechter von Atomwaffen Sicherheitsaspekte ins Feld: Nuklearwaffen dienten als "Lebensversicherung" eines Staates.

Dahinter steht die Idee eines "Gleichgewichts des Schreckens". Kein rational handelnder Staat würde einen anderen mit Atomwaffen angreifen, da er dann wahrscheinlich selbst angegriffen und vernichtet würde. Atomwaffengegner argumentieren mit Gefahren und mangelhaften Kontrollmöglichkeiten. Ein Horror-Szenario: Nuklearwaffen in Händen von Terroristen, für die rationales Handeln und das eigene Überleben keine Rolle spielen.

Ein entschiedener Gegner von Atomwaffen ist Papst Franziskus. Bereits der Besitz solcher Waffen sei unmoralisch, sagte der Papst im vergangenen Jahr anlässlich seines Besuches in den von Nuklearwaffen gezeichneten japanischen Städten Nagasaki und Hiroshima. Ein Unfall oder die Verrücktheit eines Einzelnen könne die ganze Menschheit vernichten. Seine Worte fanden vielfach Beachtung, werden von manchem aber auch bloß als Appelle angesehen.

Politologe Werthes sieht den Atomwaffensperrvertrag dennoch als Gewinn. Die Debatte um den Iran zeige, dass das Abkommen wirke.

"Verstöße erzeugen international Aufmerksamkeit und dienen als Grundlage für Sanktionen." Mit Blick auf die Zukunft gibt der Wissenschaftler dennoch zu bedenken: "Die Bindungskraft solcher Verträge lässt zunehmend nach."


Menschen aus Hiroshima und Nagasaki zeigen Papst Franziskus Fotos, die nach den Atombombenabwürfen 1945 entstanden sind / © Vatican Media (KNA)
Menschen aus Hiroshima und Nagasaki zeigen Papst Franziskus Fotos, die nach den Atombombenabwürfen 1945 entstanden sind / © Vatican Media ( KNA )

Atompilz über Nagasaki (dpa)
Atompilz über Nagasaki / ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema