Gottesdienst in einer erstarrten Kleinstadt

Bischof nach Volkmarsen-Anschlag: "Halten Sie zusammen"

Mit einem ökumenischen Gottesdienst ist in Volkmarsen der Verletzten der Gewalttat vom Rosenmontag gedacht worden. Repräsentanten von Kirche und Staat riefen die Menschen auf, nun noch stärker zusammenzuhalten.

Ökumenischer Gottesdienst in Volkmarsen / © Swen Pförtner (dpa)
Ökumenischer Gottesdienst in Volkmarsen / © Swen Pförtner ( dpa )

Am Tag nach der Attacke mit einem Auto auf den Rosenmontagszug scheint die nordhessische Kleinstadt Volkmarsen erstarrt zu sein. Schon vom Bahnhof aus sieht man die Feuerwehr- und Polizeiautos, die nun jene Hauptstraße versperren, auf der am Rosenmontag Unfassbares geschehen war. Ein 18-jähriger Feuerwehrmann, der nur fünf Meter von dem Geschehen entfernt stand, berichtet, er habe nach dem Aufprall "Menschen durch die Luft fliegen sehen". Es sei "wie im Film" gewesen.

52 Verletzte

Ein Autofahrer war am Montag offenbar gezielt in den Karnevalsumzug in Volkmarsen gerast. Dabei wurden nach Polizeiangaben 52 Menschen verletzt, darunter 18 Kinder. Am Tatort zeugten am Dienstag nur noch Markierungen der Polizei auf dem Fußweg von dem schrecklichen Geschehen. Am Dienstagabend wurde in einem ökumenischen Gottesdienst der Verletzten der Tat gedacht.

Bei dem Gottesdienst in der katholischen Kirche Sankt Marien sagte Pfarrer Martin Fischer: "Es sollte so ein schöner Tag werden." Doch die Freude am Karneval sei "von einer Minute auf die andere durch eine irrsinnige Tat zerstört" worden.

"Täter wird sich verantworten müssen"

Der Fahrer des Pkw war noch vor Ort festgenommen worden. Gegen den tatverdächtigen 29-jährigen Deutschen aus Volkmarsen werde wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt, so die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt. Laut hessischem Innenministerium fuhr der Mann mit hoher Geschwindigkeit. Inzwischen ist Untersuchungshaft angeordnet worden.

Der Fuldaer katholische Bischof Michael Gerber rief die mehr als 600 Gottesdienstbesucher zu Solidarität auf: "Halten Sie zusammen, hören Sie einander zu. Halten Sie Trauer und Schmerz miteinander aus." Der Täter werde sich vor Gericht und vor Gott verantworten müssen, sagte der Bischof und fügte hinzu: "Er hat die Gewalttat begangen, nicht seine Familie, nicht seine Freunde."

Der Bischof bat eindringlich: "Lassen Sie sich nicht von Hass und Zorn verleiten zu weiterer Gewalt."

"Tat zerstört das Herz des Karnevals"

Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, sagte, es gebe keine einfache Antwort, warum sich die Dinge ereignet hätten. Sie sei davon überzeugt, dass Gott die Klagen höre. "Und Gott stellt uns Menschen an die Seite, die jetzt da sind, begleiten, zuhören, aushalten."

Bürgermeister Hartmut Linnekugel (parteilos) sagte: "Dieser Angriff auf die Bürgergesellschaft ist mehr als furchtbar." Und Christian Diste von der örtlichen Karnevalsgesellschaft betonte: "Diese abscheuliche Tat zerstört das Herz des Karnevals in Volkmarsen."

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte bei dem ökumenischen Gottesdienst, noch sei das Motiv des Täters unbekannt. "Aber alle Täter, egal welches Motiv sie hatten, haben immer ein

Ziel: Sie wollen unser friedliches und durchaus auch fröhliches Gemeinwesen zerstören."

"Schwere Prüfung"

Es gelte aber, der Angst, die solche Täter schüren wollten, nicht nachzugeben. "Wachsamkeit und Achtsamkeit ja - Angst nein", sagte Bouffier. Nach dieser "Zeit des Schreckens" gelte es, wieder Tritt zu fassen, zusammenzustehen und als Gemeinschaft stark zu werden, so dass man später sagen könne: "Wir haben diese schwere Prüfung für unser Gemeinwesen bewältigt."

Nach dem Gottesdienst entzündeten die Gläubigen Kerzen und stellten sie rings um die Kirche auf. Manche verharrten noch länger schweigend, dann gingen sie zurück in ihre Häuser, viele über jene Straße, auf der am Tag zuvor das Grauen furchtbar nahegekommen war.

 


Quelle:
KNA