Kinderschützer: 415 Millionen Kinder wachsen in Kriegen auf

"Hinter jedem Kind steht eine Geschichte"

415 Millionen Kinder wachsen weltweit in Kriegen und Konflikten auf, meldet die Kinderrechtsorganisation "Save The Children". In dem Bericht "Krieg gegen Kinder" heißt es, 12.125 Kinder seien in Konflikten getötet und verstümmelt worden.

Ein kleines Kind vor den Ruinen seines Hauses / © Ruslan Shugushev (shutterstock)
Ein kleines Kind vor den Ruinen seines Hauses / © Ruslan Shugushev ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wo ist die Welt denn für Kinder am gefährlichsten?

Claudia Kepp (Pressesprecherin "Save the Children"): Wir haben vor allem zehn Länder identifiziert. Darunter sind - das wird niemanden überraschen - Syrien, Afghanistan, der Sudan und so weiter... Und was wir vor allen Dingen nicht vergessen dürfen: Hinter all diesen 415 Millionen Kindern stehen 415 Millionen Geschichten. Es sind die Geschichten, zum Beispiel von einem kleinen Mädchen, acht Jahre alt, das in Afghanistan lebt, das nichts als Krieg kennt. Und sie hat Angst, zur Schule zu gehen. Sie hat Angst, entführt zu werden, auf eine Landmine zu treten oder ihr Leben zu verlieren. Das sind die Realitäten, die sich hinter diesen Zahlen verbergen.

DOMRADIO.DE: Wir sprechen von Kinderrechtsverletzungen. Das ist eigentlich erst einmal ein recht sperriges Wort. Wenn man dann hört, was das bedeutet, wird einem schon ganz anders.

Kepp: Da haben Sie Recht, vor allen Dingen, wenn man selber Kinder hat wie ich. Das geht einem richtig unter die Haut. Es geht dabei um Tötung und Verstümmelung. Es geht um Zwangsrekrutierung, es geht um Entführungen, es geht um Vergewaltigung oder andere Arten von sexueller Gewalt. Und es geht natürlich auch um Angriffe auf Schulen, die immer mehr zu militärischen Zielen werden. Letztendlich ist die Verweigerung von humanitärer Hilfe eine weitere Kriegstaktik. Das heißt, es steht immer das Leben von Kindern weltweit auf dem Spiel.

DOMRADIO.DE: Der aktuelle Bericht untersuchte erstmals, wie sich die sechs schwersten Kinderrechtsverletzungen auf Mädchen und Jungen unterschiedlich auswirken. Wo liegen denn da die Unterschiede?

Kepp: Jungen werden häufiger in direkten Kriegshandlungen getötet. Das liegt auch daran, dass sie sehr oft als Kindersoldaten zwangsrekrutiert werden. Und Mädchen leiden unter sexueller Gewalt, unter Vergewaltigung, unter Frühverheiratung.

DOMRADIO.DE: "Es ist erschütternd, dass die Welt zuschaut, während Kinder ungestraft zur Zielscheibe werden." Das sagt Susanna Krüger, Vorstandsvorsitzende von "Save The Children". Wie kann die Welt denn Kindern in diesen Konflikten helfen und sie besser schützen?

Kepp: Gerade zum Zeitpunkt der Münchner Sicherheitskonferenz ist es uns ein großes Anliegen, an die Verantwortlichen der Weltpolitik zu appellieren. Vor allem geht es darum, dass internationale Standards eingehalten werden. Sollte das nicht der Fall sein, müssen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden, die diese Kriegsverbrechen verüben. Und - was ganz wichtig ist - die Mittel für Kinderschutz sind unterfinanziert und müssen dringend erhöht werden.

DOMRADIO.DE: Die Münchner Sicherheitskonferenz beginnt am Wochenende, Experten und Regierungschefs kommen da zusammen. Was erwarten Sie denn von so einer Konferenz?

Kepp: Hoffentlich einen Wandel zum Besseren. Und vor allen Dingen auch das Bewusstsein, dass es immer die Kinder sind, die am meisten leiden und die besonders geschützt werden können. Wir sehen es ja gerade an den aktuellen Entwicklungen in Syrien. Dort, in Idlib, gibt es 60 Bombardierungen pro Tag. Die Kinder haben keinen Schutz mehr, sie haben keine Möglichkeit mehr zu fliehen. Und das darf die Welt nicht länger hinnehmen. Die Mächtigen müssen handeln, so schnell es geht. Krieg gegen Kinder darf nicht mehr vorkommen.


Quelle:
DR