Anti-Kriegs-Aktivistin und Ordensfrau Megan Rice wird 90

"Ich bereue nichts"

Mit 82 Jahren marschierte eine US-Ordensfrau mit zwei Vietnam-Veteranen zu einem Hochsicherheitstrakt, drang dort ein und pinselte Bibelworte an das Uranlager. Auch nach ihrer Haftstrafe protestiert sie weiter. 

Ordensfrau Megan Rice / © Katie Rutter (KNA)
Ordensfrau Megan Rice / © Katie Rutter ( KNA )

Ihren 85. Geburtstag musste Megan Gillespie Rice noch im Gefängnis verbringen. Im Februar 2014 wurde die US-Ordensfrau zu 35 Monaten Haft verurteilt. Ihre Straftat: Sie war mit zwei Komplizen in eine Atomanlage in Oak Ridge in Tennessee eingedrungen, hatte ein Gebäude, in dem waffenfähiges hochangereichertes Uran lagerte, mit Bibelsprüchen und menschlichem Blut besprüht.  "Ich bereue nichts", sagte Rice, als sie 2014 vor Gericht stand. Sie habe nach ihren von Gott gegebenen Verpflichtungen als Nachfolgerin Jesu gehandelt.

Im Mai 2015 wurde sie nach knapp drei Jahren Haft aus einem New Yorker Gefängnis entlassen. Von ihrer bevorstehenden Freilassung erfuhr die Ordensfrau erst am selben Tag. Ihr tat es leid um jene Frauen, die sie im Knast als Mitgefangene zurücklassen musste. Heute lebt sie in Washington - und demonstriert weiter allwöchentlich vor dem Weißen Haus. An diesem Freitag wird die Friedensaktivistin Schwester Megan Rice 90 Jahre alt.

40 mal wegen zivilen Ungehorsams festgenommen 

Mit 18 Jahren trat die in New York geborene Tochter irischer Katholiken in die Kongregation der "Society of the Holy Child Jesus" ein. Ihr Vater war Frauenarzt und lehrte an der Universität, ihre Mutter promovierte Historikerin. Megan war die jüngste von drei Schwestern. Sie studierte unter anderem Biologie und unterrichtete mit Unterbrechungen 40 Jahre lang als Missionarin in Nigeria und Ghana.

Bei ihren Heimatbesuchen und später, als sie 2004 endgültig zurückkehrte, betätigte sie sich aktiv für den Frieden. Insgesamt 40 mal wurde sie wegen zivilen Ungehorsams festgenommen. Einmal blockierte sie mit anderen Mitstreitern einen Lastwagen auf einem Atomtestgelände in der Wüste Nevadas.

Als Mitglieder des "Plowshares Movement", einer christlichen Friedensinitiative, die unter dem Abrüstungsmotto "Schwerter zu Pflugscharen" agiert, nahmen sich Rice und die beiden Vietnam-Veteranen Michael Walli und Greg Boertje-Obed das sogenannte Y-12 vor. Hinter dem Kürzel verbirgt sich eine der Hochsicherheitsanlagen der USA. Auf dem (eigentlich schwer bewachten) Komplex in Oak Ridge wird genügend waffenfähiges Uran für 10.000 Atombomben gelagert.

Als das Trio früh morgens am 28. Juli 2012 auf das Atomlager zumarschiert, hat es nicht mehr dabei als Taschenlampen, Bolzenschneider, Spraydosen, kleine Fläschchen mit menschlichem Blut, die Bibel und ein frisch gebackenes Brot. Ohne dass jemand sie stoppt, durchschneiden die drei mehrere Sicherheitszäune und stehen bald vor dem Gebäude, in dessen Innerem sich das Uran befindet.

"Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern"

Sie sprühen Bibelsprüche auf, bespritzen die Wände mit Blut und klopfen mit einem Hammer auf die Wände. Eine symbolische Aktion, die sich auf den Prophetentext Jesaja bezieht: "Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern." Das Blut wird vom "Plowshares Movement" auch zur Erinnerung an die in Kriegen getöteten Menschen eingesetzt. Erst nach einer Stunde bemerkt ein erster Wachmann die Eindringlinge. Die drei bieten an, das mitgebrachte Brot mit ihm zu teilen.

Die Aktion löste einen Skandal aus. Fassungslos fragten sich die US-Amerikaner, wie es drei Senioren gelingen konnte, auf ein so sensibles Gelände wie "Y-12" zu gelangen. Später stellte sich heraus, dass die Sicherheitsvorkehrungen lax waren, Überwachungskameras nicht funktionierten, Wachleute ihre Arbeit nicht taten - eine Blamage für die Regierung in Washington.  Die "New York Times" schrieb: "Nukleares Material zu stehlen, schien nur wenig schwieriger zu sein, als im Wald von Tennessee herumzutollen."

Gleichwohl wertete das Gericht die Aktion als Sabotage und Schädigung von Staatseigentum. Rice und ihre Mit-Aktivistin wanderten ins Gefängnis; die Männer wurden sogar zu fünf Jahren verurteilt. In Haft beantwortete Rice Fan-Post, die in so großer Zahl in ihrer Zelle eintrifft, dass Freunde ihr bei der Beantwortung helfen mussten. Das einzige, was sie bedauere, so die Ordensfrau: dass sie die Aktion nicht schon vor 70 Jahren gemacht habe.

Von Stefanie Ball 


Quelle:
KNA
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