Politische Weihnachtskrippen polarisieren Christen in den USA

Das Jesuskind im Käfig

Das Jesuskind allein im Metallkäfig als Protest gegen die Einwanderungspolitk. Protest-Krippen spalten in vielen US-Kirchengemeinden. Wie politisch darf die Szene von Jesu Geburt sein?

Autor/in:
Thomas Spang
Hand eines Asylbewerbers hinter Maschendrahtzaun / © Jens Büttner (dpa)
Hand eines Asylbewerbers hinter Maschendrahtzaun / © Jens Büttner ( dpa )

Was die Besucher der Claremont United-Methodist-Kirche in Südkalifornien derzeit zu sehen bekommen, ist nichts für Zartbesaitete. Statt auf Stroh gebettet, steckt das Jesuskind dieses Jahr in einem Käfig. Getrennt von seinen Eltern Maria und Josef, auch sie im separaten Käfig, und eingehüllt in eine silberne Mylar-Folie, wie sie Migranten an der Grenze zu Mexiko ausgehändigt bekommen.

Von Weihnachtsromantik keine Spur

Pfarrerin Karen Clark Ristine brachte in US-Medien die provokante Krippendarstellung auf den Punkt: "Wir wollen die Asylsuchenden in den Vordergrund stellen - und wie sie hier behandelt werden." Das Echo auf das eingesperrte Jesuskind ist so eindeutig wie gespalten. Evangelikale sind meist empört. "Ekelhaft, mit Jesus einen politischen Punkt zu setzen", beschwert sich ein Besucher in den Sozialen Medien.

Andere solidarisieren sich mit der Methodistengemeinde. "Traurige und tragische Realität", schrieb eine Frau. "Wach auf, Amerika! Was wäre, wenn das deine Kinder oder deine Verwandten wären?" Und die demokratische Abgeordnete Judy Chu aus Kalifornien lobte ausdrücklich den Mut der Pfarrerin, das Schicksal der Migranten auf diese Weise ins Rampenlicht zu rücken.

Seit Mitte 2017 hat die US-Grenzpolizei Tausende Kinder zeitweise von ihren Eltern getrennt und auf provisorische Lager weit verstreut im Land verteilt. Die Bürgerrechtsbewegung ACLU spricht von mehr als 5.000 Minderjährigen, die ihre Mütter und Väter oft wochenlang nicht gesehen haben. Selbst Babys und Kleinkinder blieben von der drakonischen Maßnahme nicht verschont.

Neuinterpretation der Krippenszene

Pfarrerin Ristine von den Methodisten in Claremont steht mit ihrer Empörung über diese Praxis und mit ihrer Neuinterpretation der Krippenszene nicht allein. Die US-Medien berichten über Kirchengemeinden im ganzen Land, die sich unabhängig von ihrer Konfession von der traditionellen Präsentation der Geburt Jesu in romantisch gemütlicher Stall-Atmosphäre verabschieden.

Stattdessen stellen sie Bezüge zu Verfolgung, Gefahr und Menschen in Not her. So wie heute Hunderttausende aus Mittelamerika Sicherheit in den USA suchten, ergriffen Maria und Josef die Flucht vor König Herodes, der dem Jesuskind nach dem Leben trachtete, lautet die Botschaft. Die Krippendarstellungen provozieren die Frage, ob Jesus heute an der US-Grenze seinen Eltern weggenommen würde.

Mit diesem Gedanken machte die katholische Pfarrei St. Susanna in Dedham im Bundesstaat Massachusetts 2018 Schlagzeilen. In diesem Jahr wählte die Kirchengemeinde als Thema ihrer Krippendarstellung die Bewahrung der Schöpfung. Zu sehen ist die Jesusfamilie, die samt Tieren in den Sintfluten des Klimawandels zu ertrinken droht.

"Christlicher Glaube beeinflusst jeden Aspekt unseres Lebens"

Pfarrer Chris Moore von der United Church of Christ in Tulsa im Bundesstaat Oklahoma unterstützt das Konzept "Protestkrippe" ebenfalls. Es sei eine verkürzte Sicht, darin bloß eine politische Demonstration zu sehen. Die Kirche sei keine Partei, meint er, müsse aber Partei ergreifen. "Wir sollten immer über unsere Werte sprechen. Es gibt Menschen, die haben eine Sonntagsmoral und eine andere für den Rest der Woche."

Seine Gemeinde legte das Jesuskind schon Weihnachten 2018 nicht in die Krippe, sondern sperrte es in einen Käfig - was sich aber nicht allein auf Trumps Flüchtlingspolitik bezog. Auch Barack Obama habe in seinen ersten drei Regierungsjahren 1,8 Millionen Flüchtlinge wieder abgeschoben, betonte die Pfarrei damals.

Auch der Pfarrer der Clackamas United Church außerhalb von Portland im Bundesstaat Oregon weist den Vorwurf zurück, Politik zu machen, um eine Seite gegen eine andere zu unterstützen. Pastor Adam Erickson unterstreicht aber: "Der christliche Glaube beeinflusst jeden Aspekt unseres Lebens." Er erzählt die biblische Geschichte, wie Gott Moses befiehlt, zum Pharao zu gehen und diesem zu sagen, er möge sein Volk freilassen. "Können Sie sich vorstellen, dass Moses darauf antwortet: Tut mir leid, Gott, aber das ist zu politisch?"


Quelle:
KNA