Theologin wünscht sich eine Öffnung der Kirche hinsichtlich digitaler Gottesdienste

"Man darf diese Formen nicht ignorieren"

​Eine Online-Kapelle, Cyber-Wallfahrten oder virtuelle Anbetung – unterschiedliche Liturgieformen finden längst im Internet statt. Die US-amerikanische Theologin Teresa Berger ruft die Kirche dazu auf, sich digitalen Gottesdienstformen stärker zu öffnen.

Gottesdienste, Anbetung oder Wallfahrten auch digital? (shutterstock)
Gottesdienste, Anbetung oder Wallfahrten auch digital? / ( shutterstock )

"Die Herausforderung besteht darin, den Trennungsgraben zwischen der offiziellen Liturgie und der Breiten-Religiosität zu überwinden", sagte sie am Mittwochabend in Münster. "Wir müssen liebgewordene Kategorien hinterfragen lassen und offen sein für das, was kommen wird." So werde auch der Einsatz von Robotern vor Gottesdiensten nicht Halt machen. Die Liturgiewissenschaftlerin von der Yale Divinity School in New Haven äußerte sich bei einer Gastvorlesung an der Universität Münster.

Digitale Gebetsgemeinschaft

Das Internet sei bereits seit über 20 Jahren für Gebetsformen und Gottesdienste erschlossen, betonte Berger. Die Theologie aber habe sich, verstärkt durch kulturelle Ängste vor der Digitalisierung, dem Thema nur zögerlich genähert. "Längst gibt es jedoch eine bunte, weite Welt digital vermittelter gottesdienstlicher Vollzüge", sagte Berger. Die Internetseite www.amen.de etwa erzeuge eine große digitale Gebetsgemeinschaft.

Im Internet fällt es den Menschen nach den Worten Bergers leichter, ihre Gebetsanliegen zu formulieren. Und es gebe die Möglichkeit, in einer Online-Kapelle virtuelle Kerzen flackern zu lassen. Zudem würden virtuelle Altäre, Erinnerungsportale, Cyber-Wallfahrten, digitale Adventskalender, Online-Stundengebete und eine virtuelle Anbetung angeboten. "Die digitale Gebetspraxis floriert, und keiner der Mitmacher wartet darauf, dass die Liturgiewissenschaft ihm eine Erlaubnis erteilt", so die Expertin. "Man darf diese Formen nicht ignorieren."

Mobil und immer verfügbar

Eine Trennung zwischen der "unwirklichen" digitalen und der "wirklichen" analogen Welt nannte Berger nicht mehr überzeugend. Die digitalen Gottesdienste seien mobil und allzeit verfügbar. "Diese Liturgieformen gehören zum Leben der Kirche dazu, und man muss sich mit dieser vielschichtigen Welt auseinandersetzen", forderte Berger.


Quelle:
KNA