Schützenbund kritisiert Finanzminister Scholz

Keine Steuervorteile mehr für Männerbünde?

Sollten Vereine und Gemeinschaften, die nur Männer oder Frauen aufnehmen, steuerliche Vorteile verlieren? Die Idee kommt von Finanzminister Olaf Scholz und beträfe auch christliche Gruppen. Der Widerstand regt sich bereits.

Schützenbrüder mit Emmaus-Laterne / © Kai Woltering (KNA)
Schützenbrüder mit Emmaus-Laterne / © Kai Woltering ( KNA )

DOMRADIO.DE: Fürchten Sie, dass Sie bald ein großes Loch in der Kasse haben?

Peter-Olaf Hoffmann (Schatzmeister "Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e.V." und CDU-Politiker): Ich denke nicht. Ich glaube eher, dass die Narrenkappe bis nach Berlin geflogen ist, weil man diesen alten Hut wieder hervorzaubert, der eigentlich längst entschieden ist. Aber Olaf Scholz will ja Vorsitzender der SPD werden. Da braucht er vielleicht den einen oder anderen populistischen Vorschlag.

DOMRADIO.DE: Wurde das Thema nicht erst 2017 diskutiert?

Hoffmann: Der Bundesfinanzhof hat eine Entscheidung zu einer Freimaurerloge getroffen. Das entscheidende Kriterium war, dass diese Loge nur nach innen wirkte und keinerlei Außenwirkung hatte. Genau das Gegenteil machen die Schützenbruderschaften. Wir sind lebendiger Teil unserer Gemeinschaften in den Dörfern und Städten. Wir leben mit den Menschen in diesen Städten, wir feiern mit den Menschen.

Vor allen Dingen engagieren wir uns sozial und ehrenamtlich in überaus großem Maße, und das tun wir, egal ob das nun reine Männervereine sind, oder ob Männer und Frauen Mitglieder in diesen Vereinen sind. Da, wo es Männervereine sind, sind die Frauen auch lebendiger Bestandteil des Schützenlebens, denn sie nehmen an allem teil, wirken an allem mit – und da ist es dann eigentlich egal, ob man formell nun auch Mitglied ist, oder nicht.

DOMRADIO.DE: Was spricht denn eigentlich dagegen, Frauen in Schützenvereinen aufzunehmen?

Hoffmann: Gar nichts. Es gibt viele Vereine, die Schützen und Schützinnen als Mitglieder haben. Es gibt eine Tradition in der Entwicklung dieser jahrhundertealten Schützenbruderschaften, bei denen früher die Männer – das war eine Aufgabenteilung im Mittelalter und danach – für den Schutz des Glaubens einerseits, aber auch der Städte und Dörfer zuständig waren. Daraus haben sich diese Gemeinschaften gebildet.

Gerade bei den Bruderschaften als kirchlich-anerkannten Vereinen ist dies besonders ausgeprägt gewesen. Diese Tradition hat sich bis in unsere heutige Zeit fortentwickelt. Es gehört zur freiheitlichen Demokratie, dass es ein vielfältiges Gemeinschafts- und Vereinsleben gibt. So ist das über Jahrhunderte hinweg bis heute geblieben.

DOMRADIO.DE: Es sind ja nicht nur Schützenvereine, die betroffen wären, sondern auch Männergesangsvereine, katholische Frauenbünde, Sportvereine, Fußballvereine. Glauben sie, dass Olaf Scholz die Dimension durchdacht hat, die sein Vorschlag haben könnte?

Hoffmann: Das glaube ich nicht. Er hat eher an die innerparteiliche Wirkung in der SPD gedacht. Wenn er so weit gedacht hätte, dann hätte er auch bedacht, dass wir seit 2018 ein neues Personenstandsrecht haben, und es das dritte Geschlecht "divers" gibt, auch aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Olaf Scholz diese Gruppe mit seinem Vorschlag nun diskriminieren wollte.

DOMRADIO.DE: Wie stark kann der Finanzminister überhaupt in die Richtlinien und Satzungen von Vereinen eingreifen?

Hoffmann: Überhaupt nicht. Es geht ja eigentlich nur darum, die Frage der Gemeinnützigkeit zu regeln, was der Finanzminister allerdings aber auch nicht selber, sondern nur durch Gesetze kann. Und dazu braucht er eine Mehrheit im Bundestag. Der Weg wäre, solche Vereine und Gemeinschaften nicht mehr als gemeinnützig anzuerkennen. Das ist die einzige Möglichkeit. Ansonsten haben wir Vereinigungs- und Vereinsfreiheit, sodass sich jeder Verein nach wie vor mit seinen Mitgliedschaften und anderen Regelungen verhalten kann, wie er es gerne möchte. Das macht auch die Freiheit in unserer Gesellschaft aus. Das kann Auswirkungen im Steuerrecht haben. Das ist das, was Olaf Scholz zur Zeit versucht.

Seitdem er das veröffentlicht hat, gibt es ja schon bekannte Gegenwehr aus den Vereinen oder der CDU landesweit in Nordrhein-Westfalen, oder auch in Berlin. Das wird auch dazu führen, dass das Ganze auf der Strecke bleibt und man am Ende sagt "Naja, wieder mal eine Sau erfolglos durchs Dorf getrieben".

DOMRADIO.DE: Inwiefern haben denn die Frauen ein Problem damit, dass sie nicht offiziell bei Ihnen Mitglied sein können?

Hoffmann: Ich selbst komme aus einer Bruderschaft in Dormagen-Stürzelberg. Das ist auch eine reine Männerbruderschaft. Es gibt mit den Frauen überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: Frauen und Männer feiern zusammen, sind immer zusammen bei allen Veranstaltungen und leben die Gemeinschaft mit – im Dorf und auch im Verein. Wir haben am Samstag noch unseren Hubertusabend gefeiert, da waren viele Frauen, fast mehr als Männer. Die haben genau so gerne gefeiert, wie die Männer auch. Da wird etwas hochstilisiert und hochkonstruiert, das in der Lebenswirklichkeit überhaupt nicht zutrifft.

Das Interview führte Martin Mölder.


Schützenuniform eines Schützenbruders / © Gerd Vieler (KNA)
Schützenuniform eines Schützenbruders / © Gerd Vieler ( KNA )
Quelle:
DR