Das Wunder Europa hüten II

Von der Kraft Europa

Heute vor einer Woche. 150 000 Menschen gehen für Europa auf die Straße.  Von der Tagesschau bis zur New York Times wird über sie berichtet.

Demonstrationen für Europa – Frankfurt/Main  / © Andreas Arnold (dpa)
Demonstrationen für Europa – Frankfurt/Main / © Andreas Arnold ( dpa )

45 000 Menschen waren es alleine in Köln. Ihre Botschaft. „Ein Europa für alle“. Natürlich war es, in 18 Städten von Malmö bis München, von Berlin bis Bukarest, eine einzige Aufforderung wählen zu gehen.

Heute wählen zu gehen.

Während die Menschen „Ein Europa für Alle – Ihre Stimme gegen Nationalismus“ in vielen Sprachen in die Kamera sagen, erschüttert ein Video die Welt.

Die stundenlangen Gespräche darin entlarven, wogegen die Demonstranten sich wenden: gegen egoistischen Machthunger Einzelner, die sich auch noch als nationale Retter gerieren.

In Wirklichkeit aber alle Werte von Rechtsstaat und Demokratie, von Menschenrechten und Gleichheit für alle Menschen verachten und gegen das nächstbeste in Aussicht gestellte Oligarchengeld verraten.

"So sind wir nicht. So ist Österreich nicht" sagt der österreichische Staatspräsident van der Bellen. Und er sagt auch: "Liebe Österreicher, wenden Sie sich nicht angewidert von der Politik ab."

Schon seit Tagen lese ich alles über „Ibizagate“, folge den Liveblogs der großen Zeitungen. Staune darüber, wie ungeheuer hilfreich und wichtig Journalisten für eine Gesellschaft sein können. Gestehe, ein bisschen stolz, bin ich auf unseren Berufsstand auch.

Seit über zehn Jahren reise ich mit meinem Jugendbuch über den letzten Überlebenden von Schindlers Liste in Deutschland umher, in Schulen, Gemeinden, Volkshochschulen, Akademien. Erzähle davon, was passiert, wenn sich Demokraten mit Rechtsradikalen einlassen. 

Immer stelle ich den Bezug zu dem her, was heute passiert. Jahr für Jahr merke ich, wie immer neue Tabus brechen, immer neue Ungeheuerlichkeiten unter dem „man wird doch wohl mal sagen dürfen“ – Vorwand gesagt werden. Und getan.

Niemals hätte ich mir 2008 vorstellen können, dass heute Holocaustleugner im Deutschen Bundestag sitzen.

Niemals.

Deswegen freue mich über jeden Einzelnen, der gegen den scheinbar so unaufhaltsamen, rechtsextremen Populismus in Europa auf die Straße geht. Und über Kollegen, die offenlegen, dass es eben keine Hirngespinste von „versifften Linke“ sind, dass unser Europa, unsere Werte, unsere Freiheit, sogar unsere Demokratie in Gefahr sind.

Als der Jüngste aus unserer Familie von der Demo aus Köln kommt, sagt er: „Solange ich nicht afd wähle, ist alles in Ordnung.“

So kann man es auch sagen.

Meine Bitte: Gehen Sie wählen.