Vor 200 Jahren wurde Prinz Albert geboren

Der Mann an Queen Victorias Seite

​Arbeit, Pflichtgefühl und ein tugendhaftes Leben standen für ihn an oberster Stelle. Dabei war Prinz Albert von Sachsen-Coburg alles andere als ein unwichtiger, teutonischer Langeweiler.

Autor/in:
Christiane Laudage
Queen Victoria und Prinz Albert / © Everett Historical (shutterstock)
Queen Victoria und Prinz Albert / © Everett Historical ( shutterstock )

"Ich bin der Ehemann, aber nicht der Herr im Haus", beschrieb Prinz Albert seine Rolle, die er als Anomalie begriff.

Dabei hatte er doch eine gute Partie gemacht: Mit 21 Jahren heiratete er - ein nachgeborener Sohn aus einem abgelegenen Herzogtum in Deutschland - die mächtigste Frau der Welt: Queen Victoria (1819-1901). Bis zu seinem Tod im Dezember 1861 bildeten sie gemeinsam als Ehepaar eine symbiotische Einheit, auch wenn er in der Öffentlichkeit immer in der zweiten Reihe stand. 

In diesem Jahr wird in England gefeiert. Nicht nur haben Prinz Harry und seine Frau Meghan Nachwuchs bekommen, auch an Queen Victorias Geburtstag vor 200 Jahren wird mit zahlreichen Veranstaltungen und Publikationen erinnert. Und damit rückt auch Prinz Albert ins Rampenlicht. Denn auch er wurde vor 200 Jahren geboren, am 26. August 1819 auf Schloss Rosenau in Rödental im damaligen Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld.

Liebe auf den zweiten Blick

Ähnlich wie seine spätere Ehefrau stammte er aus einer dysfunktionalen Familie. Die Ehe der Eltern war früh gescheitert, seit damals hält sich beharrlich das Gerücht, Albert wäre der Sohn von Leopold, König der Belgier. Dieser hielt eine wohlwollende Hand über seinen Neffen und sorgte langfristig für dessen Zukunft - Leopold fädelte nämlich die Ehe zwischen Albert und Victoria ein. 

Prinz Albert hatte für seinen leichtlebigen Vater nur Verachtung übrig. Deswegen schaffte er sich bereits in Kindheit und Jugend eine Gegenwelt, wo Tugend, Moral und Disziplin regierten. Bei der Erziehung seines ältesten Sohnes Edward orientierte sich Prinz Albert an diesen Prinzipien und übertrieb es maßlos. Sein Sohn schlug ins Gegenteil um und führte schon früh ein hedonistisches Leben - Hauptsache Spaß bei allen Dingen. 

Wie Historikerin Karina Urbach, Autorin einer Biografie über Queen Victoria sagte, war Albert schön und klug. Für Queen Victoria war es dennoch Liebe auf den zweiten Blick, dann aber gab es kein Halten mehr. Kein anderer Mensch prägte Victoria mehr als ihr Mann. "Ich glaube, niemand ist so völlig verwandelt worden wie ich durch den guten Einfluss des liebsten Papas. Seine Stellung mir gegenüber ist daher eine sehr ungewöhnliche, und wenn er nicht da ist, fühle ich mich wie paralysiert", beschrieb sie ihre Gefühle in einem Brief an die älteste Tochter Vicky.

Kompass für die aufstrebende Mittelschicht

Prinz Albert war ein typischer Viktorianer. Er interessierte sich - anders als sie - für Technik und Fortschritt. Die erste Weltausstellung in London (1851) ging maßgeblich auf seine Initiative zurück. Er engagierte sich in der Wohltätigkeitsarbeit, in der Antisklaverei-Bewegung und der Wissenschaft. 

Victoria und Albert wollten für ihre Familie und für die Monarchie etwas Neues schaffen. Und wie erfolgreich sie damit waren, hätten sie sich nicht vorstellen können: Das Königspaar etablierte sich als der moralische Kompass für die aufstrebende Mittelschicht. Eine glückliche Familie, die abends Mozart-Lieder sang und um halb elf ins Bett ging, sagt Karina Urbach; das habe es an europäischen Fürstenhöfen selten gegeben. 

Inszenierung als Familienfirma

Das englische Königshaus verdankt Prinz Albert einen enormen Gewinn an Prestige, weil er die Königsfamilie als Familienfirma inszenierte.

Die glückliche Ehe und die vielen Kinder lieferten eine perfekte Kulisse, die von dem deutschen Maler Franz-Xaver Winterhalter perfekt ins Bild gesetzt wurde. Bis heute gilt für die Royals, dass eine funktionierende Ehe mit schönen Kindern für schöne Bilder sorgt und damit für Popularität. 

Er war Vater von neun Kindern, die alle das Erwachsenenalter erreichten, was damals durchaus ungewöhnlich war. Er bevorzugte die klugen Kinder, Queen Victoria die attraktiven. Prinz Albert hoffte, mit den Ehen der Kinder die verschiedenen europäischen Monarchien zu modernisieren und nach englischem Vorbild zu beeinflussen, beginnend mit der ältesten Tochter Victoria. Sie wurde nach Berlin verheiratet und sollte gemäß den Wünschen ihrer Eltern zusammen mit ihrem Ehemann Friedrich Preußen liberalisieren. Diese Rechnung ging nicht auf.

Prinz Albert starb am 14. Dezember 1861. Victoria fiel über Jahre hinweg in eine tiefe Krise, die auch zur Krise der Monarchie wurde.

Sie hielt das Andenken an ihrem Mann am Leben, in dem sie die Anweisung gab, im Ankleidezimmer weiter jeden Tag frische Kleidung und Rasierzeug auszulegen. Sein Sterbezimmer in Windsor Castle durfte nicht verändert werden. Ihre Kinder litten stark, nicht nur wegen des Verlusts des Vaters, auch weil ihre Mutter den Vater als Heiligen auf ein Podest stellte  - ein unerreichbares Vorbild.

Sein Name ist heute noch Teil des Kulturlebens, die Royal Albert Hall gehört zu den bedeutenden Konzerthallen, das Victoria & Albert Museum wird von unzähligen Besuchern geschätzt. Die heutige Londoner Museumsmeile wurde Mitte des 19. Jahrhunderts sogar Albertopolis genannt. Nie wird sein Einfluss spürbarer als zur Weihnachtszeit, das in England gerne als victorianischer Exzess inszeniert wird. Denn Prinz Albert hatte für die Royals Weihnachten "erfunden", die gemeinsame Feier unter dem Tannenbaum. 


Quelle:
KNA