Kirche und Religion in Wahlprogrammen eher ein Randthema

Glaube im Wahlkampf

Trotz rückläufiger Mitgliederzahlen: Mehr als jeder fünfte Sachse und fast jeder fünfte Brandenburger gehört einer Kirche an. In den Programmen zu den Landtagswahlen fallen die Aussagen zum Thema Kirche und Religion sehr unterschiedlich aus.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Landtagswahl-Programmantrag der Grünen Thüringen / © Michael Reichel (dpa)
Landtagswahl-Programmantrag der Grünen Thüringen / © Michael Reichel ( dpa )

Die Linkspartei in Sachsen, seit 2014 stärkste oppositionelle Kraft, befasst sich am ausführlichsten mit der Thematik unter dem Stichwort "Für Religionsfreiheit und Laizismus". Nach einem Nein zu Diskriminierung aus Glaubensgründen konkretisiert sie ihre Forderung nach einer Trennung von Staat und Kirche durch eine Reihe konkreter Vorhaben. Die rund 4 Millionen Einwohner des Freistaats (Anteil der Ausländer 4,2 Prozent) bekennen sich zu 21 Prozent zur evangelischen und zu 3,8 Prozent zur katholischen Kirche. Die große Mehrheit der Bevölkerung (72 Prozent) gehört keiner Konfession an. 

So will "Die Linke" die Staatsleistungen an die Kirchen ablösen sowie die staatliche Unterstützung für religiöse Träger und Projekte einstellen, wenn diese Standards "wie beispielsweise aus Arbeitsrecht oder Antidiskriminierungsrecht nicht erfüllen". Zudem will "Die Linke" die "Tanzverbote an Feiertagen" abschaffen. Ferner sollen die Kirchen die Verwaltungsgebühr beim Austritt übernehmen. Die Partei wendet sich "gegen religiösen Fundamentalismus und einen gesellschaftlichen Rückfall – egal ob er sich gegen Frauen* oder sexuelle Orientierungen richtet und egal, ob er von Islamist*innen aus Leipzig oder Evangelikalen aus dem Erzgebirge kommt".

Programmatischer Gegenpol

Einen programmatischen Gegenpol setzt die in Dresden regierende CDU. Sie bekennt sich zu den Staatskirchenverträgen und würdigt "die Rolle der Kirchen für den Zusammenhalt und die Wertevermittlung". So unterstützen die Christdemokraten "kirchliche Initiativen für einen kooperativen (evangelischen und katholischen) Religionsunterricht". Zu dessen Stärkung wollen sie für staatliche Weiterbildungsangebote sorgen. Auch in der "kommunalen Kriminalprävention" setzt die CDU auf den Austausch mit Religionsgemeinschaften.

Beim derzeitigen Koalitionspartner SPD fallen die Aussagen zu Religionsgemeinschaften ungleich knapper aus. Die Sozialdemokraten im Freistaat nennen diese lediglich als mögliche Teilnehmer einer Enquete-Kommission "Schule der Zukunft", die sie im Sächsischen Landtag einrichten wollen. Auch Bündnis 90/Die Grünen erwähnen die Religionsgemeinschaften eher am Rande – als Akteure unter anderen bei "Internationalen Partnerschaften" der Entwicklungszusammenarbeit. Für die FDP sind die Religionsgemeinschaften insofern von Belang, als eine Datenweitergabe aus Melderegistern "nur mit Einwilligung der Betroffenen erlaubt sein soll". Die AfD listet die Kirche in einer Reihe mit "Tante-Emma-Laden, Gasthof und Bäcker" auf, wenn sie für die Stärkung des ländlichen Raumes eintritt.

Freiwilliger Religions- oder Weltanschauungsunterricht

Im Bundesland Brandenburg sind es die Bündnisgrünen, die sich am profiliertesten zum Thema Religion und Kirche äußern. Sie bekunden ihre Wertschätzung dafür, "wenn sich Religionsgemeinschaften mit wertegebundenen Positionen aktiv an der Meinungsbildung zur Stärkung unseres demokratischen Gemeinwesens beteiligen". Denn das "friedensstiftende und befreiende Element" finde sich in nahezu allen Religionen. Auch sei die Geschichte Brandenburgs "eng mit dem emanzipatorischen Wirken der Kirchen verbunden", würdigt "Bündnis 90/ Die Grünen". Von den knapp 2,5 Millionen Einwohnern Brandenburgs (Ausländeranteil 3,6 Prozent) gehören etwa 17 Prozent einer der evangelischen Landeskirchen und 3,1 Prozent der katholischen Kirche an. 80 Prozent der Bevölkerung sind konfessionslos.

Zugleich warnt "Bündnis 90/Die Grünen" in Brandenburg davor, dass Religionen für "die Diskriminierung Andersgläubiger, antidemokratische Einstellungen und menschenverachtenden Fanatismus" instrumentalisiert werden "oder sich instrumentalisieren lassen".

Kritisch sieht die Partei auch das eigenständige Arbeitsrecht der Kirchen. "Wir wollen die Rechte der kirchlichen Arbeitnehmer*innen außerhalb des religiösen Verkündigungsbereiches stärken und Ausnahmeregelungen beschränken", kündigt sie in ihrem Wahlprogramm an. Und: "In staatliche Zuwendungen an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wollen wir mehr Transparenz bringen." Ausdrücklich befürworten die Bündnisgrünen den "Brandenburger Weg" des Schulfachs "Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde" (LER) und eines zusätzlichen, freiwilligen Religions- oder Weltanschauungsunterrichts der Kirchen oder des Humanistischen Verbandes.

"Kulturelle Anker in den Dörfern"

Im Vergleich dazu dürftig fallen die Positionen der Brandenburger Koalition zu den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften aus. Die SPD sieht in ihnen wichtige Partner und will die Zusammenarbeit "weiter vertiefen". Die Kirchengebäude verstehen die Sozialdemokraten als "kulturelle Anker in den Dörfern" und wollen deren Sanierung sichern. Die Linkspartei unterstützt die Einrichtung von Gebetsräumen und Moscheen sowie die Errichtung einer Synagoge in Potsdam. Auch den Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg will sie "weiter angemessen unterstützen".

Der Erhalt der Kirchenbauten ist auch der CDU wichtig. Zusätzlich wollen Brandenburgs Christdemokraten "dazu beitragen, dass die christlichen Kirchengemeinden vor Ort ihre seelsorgerischen und sozialen Aufgaben auch in Zukunft erfüllen können". Ebenso wollen sie zur Wertevermittlung den Religionsunterricht stärken. Brandenburgs AfD legt Wert auf eine "Entideologisierung von Monumenten wie der Potsdamer Garnisonkirche", wenn sie wegen ihrer kulturellen Bedeutung rekonstruiert werden. Der Wiederaufbau der Garnisonkirche ist umstritten, weil Kritiker in ihr ein Symbol des reaktionären Preußtentums sehen.

Nachdrücklicher wirbt die AfD indes für ein Kopftuchverbot für Kinder und Jugendliche in Kindertagesstätten, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen. Durch muslimisch begründete Kopftücher werde "eine fremdbestimmte Form der Unterdrückung und auch eine Form der Sexualisierung vorgenommen, die ein freies und selbstbestimmtes Leben behindert", begründet die AfD ihre Forderung.


Quelle:
KNA