Kardinal Kasper über innerkirchliche Debatten

"Wir können die Kirche nicht neu erfinden"

Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper hat die Verantwortlichen in der katholischen Kirche aufgerufen, sich nicht in Strukturdiskussionen zu verlieren. "Verkündet das Evangelium und redet nicht immer nur von Strukturen", sagte er in Frankfurt.

Walter Kardinal Kasper / © Francesco Pistilli (KNA)
Walter Kardinal Kasper / © Francesco Pistilli ( KNA )

Auslöser für die derzeitigen innerkirchlichen Debatten sei die Missbrauchskrise, die ein "Skandal und eine Schande" sei, so der 86-Jährige Kurienkardinal Walter Kasper am Mittwochabend im Frankfurter Domforum. Nun aber werde versucht, in die Lösung dieser Krise "wie in eine Schuhschachtel alle anderen Probleme hineinzupacken", wie etwa die Rolle von Frauen in der Kirche oder die Sexualmoral.

Dies gebe "ein gefährliches Gemisch". Denn dies seien "alles Megathemen", die man nicht alle zusammen lösen könne. "Man muss Schritt für Schritt vorgehen", sagte Kasper. "Wir müssen die Kirche erneuern, aber wir können sie nicht neu erfinden", betonte der Kardinal im Bildungszentrum "Haus am Dom".

"Franziskus möchte auf die Ortskirchen hören"

Kasper lobte Papst Franziskus, der dem Amt des Papstes eine neue Gestalt gegeben und einen neuen Stil des Papsttums geprägt habe, vom ersten Tag an. Zudem sei neu bei Franziskus, dass er "wirklich auf die Ortskirchen hören und nicht einfach direkt eingreifen will", so der Kardinal. "Bei vielem sagt Franziskus einfach: das kann ich nicht einfach von oben anordnen und bestimmen, das muss von den Bischöfen kommen." Kasper: "Ich frage mich manchmal: Warum kommt da nichts?"

Wenn die deutschen Bischöfe "so vielstimmig" aufträten wie bei der Frage der Kommunion für konfessionsverschiedene Ehepartner, mache das "nicht den besten Eindruck in Rom", so der Kardinal. Die deutschen Bischöfe müssten mit einer Stimme sprechen, dann könne der Papst auch reagieren. Die Bischofskonferenzen auch in anderen Ländern müssten die Möglichkeiten, die sie kirchenrechtlich hätten, mehr nutzen und nicht immer auf den Papst warten, so Kasper, der von 1989 bis 1999 Bischof von Rottenburg-Stuttgart war.

Bischofsweihe von Frauen "keine konkrete Perspektive"

Nötig sei zudem der Blick über Deutschland hinaus auf die Weltkirche, wo katholische Christen in vielen Ländern mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hätten als in Deutschland. "Dort, wo die Kirche heute verfolgt wird, wird sie eine Zukunft haben", sagte der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Anders als in der evangelischen Kirche wird es in der katholischen Kirche nach Ansicht Kaspers auf lange Zeit keine Bischöfinnen geben.

Eine Bischofsweihe von Frauen könne es vielleicht in ein "paar Jahrhunderten" geben, sagte Kasper. "Aber das ist im Augenblick keine konkrete Perspektive", fügte er hinzu. Alle, die etwas anderes erwarteten, müsse er enttäuschen. In den vergangenen 30 Jahren sei er "Realist geworden, der schaut, was hier und heute in einer bestimmten Richtung möglich ist". Er wolle nicht in Utopien leben.

Zurückhaltend äußerte sich Kasper auch zur Frage, ob eine baldige Diakoninnenweihe von Frauen realistisch sei. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sowie Teilnehmer der Aktion Maria 2.0 hatten zuletzt massiv eine Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Weiheämtern gefordert.


Quelle:
KNA