Nordische Bischofskonferenz über Wahlergebnisse in Dänemark

"Für die katholische Kirche eine große Herausforderung"

Die Sozialdemokraten sind der Gewinner der Parlamentswahl in Dänemark. Die rechte Volkspartei zählt zu den Verlierern. Müsste das nicht für die katholische Kirche des Landes Grund zum Jubeln sein? Nicht unbedingt, wie sich zeigen könnte.

Wahlplakat für Mette Frederiksen, Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei Dänemarks / © Steffen Trumpf (dpa)
Wahlplakat für Mette Frederiksen, Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei Dänemarks / © Steffen Trumpf ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die dänischen Sozialdemokraten haben die Parlamentswahl am Mittwoch gewonnen. Doch die 41 Jahre alte Parteivorsitzende Mette Frederiksen will in der Migrationspolitik eine harte Linie fahren. Auch für Religionsgemeinschaften sind Einschränkungen geplant. Hat Sie der Ausgang der Wahl in Dänemark überrascht?

Schwester Anna Mirijam Kaschner (Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz): Ja und nein. Das Abschneiden der Sozialdemokraten war eigentlich abzusehen. Es hatte sich bereits schon in den Vorumfragen angedeutet. Aber dass die Dänische Volkspartei einen so herben Verlust zu verkraften hat, war schon überraschend. Bei der letzten Wahl stand sie noch bei 21 Prozent, jetzt sind es knapp über acht Prozent. Das ist schon ein Abrutsch. Und auch dass eine völlig neue Partei den Einzug ins Parlament geschafft hat, die "Neuen Bürgerlichen", die eigentlich noch etwas weiter rechts einzuordnen ist als die Dänische Volkspartei, hat mich schon ein bisschen negativ überrascht.

DOMRADIO.DE: Bei uns reiben sich natürlich jetzt besonders SPD-Politiker die Augen, wenn sie nach Dänemark blicken. Sozialdemokraten können doch noch Wahlen gewinnen: Welchen Anteil hat die Persönlichkeit Mette Frederiksen an diesem Wahlsieg?

Kaschner: Mette Frederiksen ist eine sehr junge Politikerin. Sie ist gerade einmal 41 Jahre alt. Sollte sie Ministerpräsidentin werden, wäre sie die jüngste überhaupt in der Geschichte Dänemarks. Sie hat natürlich ein gewisses Charisma. Seitdem sie die Partei leitet, haben die Sozialdemokraten - in der Asylpolitik zumindest - einen gewissen Rechtsruck vollzogen. Ich bin überzeugt, dass ihnen das jetzt auch die notwendigen Wählerstimmen aus dem rechten Lager eingebracht hat, um die Wahl gewinnen zu können.

DOMRADIO.DE: Sie haben jetzt gesagt: Die Sozialdemokraten fahren einen Kurs, der hier und da Unbehagen auslöst. Sie stehen auf der einen Seite in der Sozialpolitik für einen Linkskurs, in der Asylpolitik, wie sie schon angedeutet haben, für eine Fortsetzung der sehr harten Linie der bisherigen Regierung. Wie schätzen Sie das ein. Das ist ein ziemlicher Spagat, oder?

Kaschner: Das ist ein ziemlicher Spagat, innenpolitisch so eine linke Sozialpolitik zu betreiben und außenpolitisch eine rechte Kehrtwende zu machen. Ich halte das, ehrlich gesagt, für ein wenig gefährlich. Zum einen, weil die Sozialdemokraten eine Minderheitenregierung anstreben müssen und damit immer auf Stimmen aus dem linken oder rechten Lager angewiesen sind, je nachdem welche Entscheidung sie treffen wollen und sich damit natürlich auch ein Stück manipulierbar machen. Und zum anderen hat die harte Linie in der Asylpolitik sicherlich auch Auswirkungen auf die katholische Kirche, die ja eine Einwanderer-Kirche ist und irgendwie davon lebt, dass Menschen aus anderen Ländern zu uns kommen.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet dieses Wahlergebnis für die Kirchen?

Kaschner: Mette Frederikson hat kürzlich noch relativ knapp vor der Wahl versprochen, im Falle eines Wahlsieges durchzusetzen, dass alle in ausländischer Sprache gehaltenen Predigten schriftlich in dänischer Sprache zugänglich gemacht werden müssen. Das hat schon ein bisschen was mit Kontrollfunktionen zu tun. Und sie sagt: Die Kosten dafür müssten natürlich die Kirchen und Religionsgemeinschaften selber übernehmen. Das bedeutet jetzt für uns als katholische Kirche schon eine große Herausforderung. Wir haben einfach sehr viele nicht dänisch sprechende Gemeinden, wo Gottesdienste in polnisch, kroatisch, litauisch, englisch und anderen Sprachen gehalten werden.

DOMRADIO.DE: Wie steht denn die designierte neue Ministerpräsidentin selbst religiös da. Hat sie sich schon mal geäußert?

Kaschner: Soweit mir bekannt ist, hat sie sich jetzt über ihren persönlichen Hintergrund noch nicht geäußert. Was man generell in der politischen Debatte spüren kann, ist auch etwas, was sich generell in Dänemark durchzusetzen scheint. Frederiksen hat die Religion öffentlich als einen Hinderungsgrund für die Integration von Ausländern bezeichnet. Religion gehört nicht in den öffentlichen Raum. Sie darf zwar privat ausgeübt werden, aber wenn Demokratie und Religion zusammenstoßen, dann muss Gott eben weichen. Das war so ein Zitat.

Das macht es natürlich für Religionsgemeinschaften äußerst schwierig. Es ist natürlich auch klar: Das Ganze soll die Muslime treffen und den Islam. Aber da wir die Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften haben, geht das auch ganz oft zu Lasten unserer Kirchen und das ist sehr schade.

DOMRADIO.DE: Haben Sie schon eine Strategie, wie Sie mit dieser veränderten Situation umgehen wollen?

Kaschner: Für eine Strategie dazu ist es, glaube ich, erst einmal noch zu früh. Wir müssen jetzt abwarten, was von diesen Wahlversprechen, die sie gegeben hat, sich als Ente erweist und was tatsächlich umgesetzt werden soll. Wir sind generell ja schon in einer ziemlich bedrängten Situation.

Vor einem Jahr ungefähr wurde ein Gesetz verabschiedet, dass alle Religionsgemeinschaften ihre Rechenschaftsberichte veröffentlichen müssen. Dazu wurde ein eigenes Glaubensregister geschaffen, in das sich alle Ordensgemeinschaften, alle Kirchen, alle religiösen Gemeinschaften eintragen müssen und dort ihre Bilanz veröffentlichen müssen. Hintergrund ist, dass man nicht möchte, dass Religionsgemeinschaften aus dem Ausland finanziert werden.

Da merken wir jetzt schon: die katholische Kirche hat beispielsweise über fünf Millionen dänische Kronen verloren, weil sie Spendernamen veröffentlichen muss, sobald sie über 2000 Euro an Spenden einnehmen. Das schränkt uns natürlich finanziell auch ungemein ein.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Sr. Anna Mirijam Kaschner cps / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Sr. Anna Mirijam Kaschner cps / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Mette Frederiksen, Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei, ist die Wahlgewinnerin in Dänemark / © Philip Davali/Ritzau Scanpix (dpa)
Mette Frederiksen, Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei, ist die Wahlgewinnerin in Dänemark / © Philip Davali/Ritzau Scanpix ( dpa )
Quelle:
DR