Bewährungsprobe für die Pressefreiheit in Österreich

Journalisten im Visier rechter Politiker?

Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Wie fragil es darum bestellt sein kann, zeigt sich in Österreich. Dort fordert die mitregierende rechtspopulistische FPÖ nach einem Interview die Entlassung eines ORF-Moderators. Wie sehen Journalisten den Fall?

Im deutschen Grundgesetzt verankert: die Pressefreiheit / © Florian Kleinschmidt (dpa)
Im deutschen Grundgesetzt verankert: die Pressefreiheit / © Florian Kleinschmidt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Ganz Österreich diskutiert gerade über den Fall des ORF-Moderatoren Armin Wolf. Dieser hatte in der vergangenen Woche den Spitzenkandidaten der rechtspopulistischen FPÖ für die Europawahl, Harald Vilimsky, interviewt. Dabei ging es um rassistische Karikaturen der FPÖ-Nachwuchsorganisation, die in den Augen vieler Parallelen zum Nazi-Hetzblatt "Der Stürmer" aufweisen. Vilimsky drohte noch in der laufenden Sendung – und tags darauf folgten Forderungen aus der FPÖ, Wolf zu entlassen.

Wie ist denn der Stand der Dinge? Wird Moderator Armin Wolf jetzt der Rücken gestärkt?

Christoph Wellner (Chefredakteur von Radio Stephansdom in Wien): Ja, ganz eindeutig. Der Chef des österreichischen Rundfunks hat gesagt, er sei immer noch der einzige, der Personalentscheidungen trifft und es gebe überhaupt keinen Grund, irgendetwas am Dienstverhältnis mit Armin Wolf zu ändern.

Es hat jetzt wieder sehr laute Geräusche seitens der FPÖ gegeben. Aber noch besitzen wir die Pressefreiheit.

DOMRADIO.DE: Wolf ist kein Einzelfall. Es gab schon häufiger Versuche der FPÖ, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu diskreditieren, oder?

Wellner: Ja. Das ist offensichtlich Mode bei der FPÖ. Es wird sehr gerne über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geschimpft. Es gehen auch viele davon aus, dass Harald Vilimsky bei diesem Interview von Armin Wolf letzte Woche auf jeden Fall irgendetwas gegen den ORF gesagt hätte – egal wie das Interview verlaufen wäre.

DOMRADIO.DE: Wie stellt sich denn Kanzler Sebastian Kurz dazu? Markiert er rote Linien oder nimmt er Rücksicht auf seinen Koalitionspartner?

Wellner: Sowohl als auch. Es gibt immer wieder einzelne Meldungen, wo gesagt wird, dass diese Grenze nicht überschritten werden dürfe oder gewisse Dinge auch explizit als widerlich oder unanständig deklariert werden.

Aber dennoch herrscht, glaube ich, momentan noch vor, dass man den Koalitionsfrieden wahren möchte.

DOMRADIO.DE: Welche Folgen haben solche Aktionen auf die Presselandschaft in Österreich? Schüchtert das nicht vielleicht auch Journalisten ein, die sich dann künftig nicht mehr trauen, so genau nachzufragen?

Wellner: Das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil. Momentan treiben diese Äußerungen, wie sie da sowohl in der Live-Sendung in "ZIB 2" bei Armin Wolf, wie auch durch den Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates, Norbert Steger, am nächsten Tag gefallen sind, die Journalisten geradezu an, um sich noch stärker zu positionieren und auf Distanz zur FPÖ zu gehen.

Sie wollen weiter zeigen, dass es in Österreich weiterhin logischerweise möglich ist, als Journalist unabhängig zu sein.

DOMRADIO.DE: Sie denken, die Pressefreiheit in Österreich ist dadurch nicht in Gefahr?

Wellner: Nein, ganz sicher nicht.

DOMRADIO.DE: Dennoch macht es etwas mit den Journalisten, vielleicht auch unterbewusst, oder?

Wellner: Das wahrscheinlich schon. Aber es ist seit langer Zeit typisch für die FPÖ, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und auch gegen das, was laut FPÖ-Diktion der sogenannte linke Journalismus ist, zu agieren.

Ich denke, es ist für einige in dem Fall betroffene Journalisten eine Auszeichnung dazuzugehören und in dieser Weise quasi "abgestempelt" zu sein.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Armin Wolf, Fernsehmoderator bei dem österreichischen Fernsehsender ORF / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Armin Wolf, Fernsehmoderator bei dem österreichischen Fernsehsender ORF / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

Harald Vilimsky, Kandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) bei der Europawahl / © Hans Punz (dpa)
Harald Vilimsky, Kandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) bei der Europawahl / © Hans Punz ( dpa )
Quelle:
DR
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