Erfurter Bischof befürchtet rüden Wahlkampf in Thüringen

Schwieriges politisches Klima

Sieben Monate vor den Landtagswahlen in Thüringen befürchtet der Erfurter Bischof Neymeyr einen "rüden Wahlkampf". Er rief zu einem fairen, respektvollen und der Wahrheit verpflichteten Wahlkampf auf.

 (DR)

30 Jahre, nachdem die Menschen in der DDR für das Recht auf freie Wahlen auf die Straße gegangen seien, sei das politische Klima in dem Bundesland schwierig, sagte der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr im Interview mit dem Bonner Internetportal katholisch.de. 

Gutes Verhältnis zur rot-rot-grünen Landesregierung

Das Verhältnis zur rot-rot-grünen Landesregierung und zu Ministerpräsident Bodo Ramelow von den Linken bezeichnete der Bischof als gut. "Thüringen steht heute in vielen Bereichen sehr gut da, was nicht nur, aber sicherlich auch ein Verdienst der Regierung von Bodo Ramelow ist", sagte er. Zu Ramelow habe er ein "sehr unkompliziertes" Verhältnis, das so belastbar sei, "dass wir auch kontroverse Themen gut miteinander besprechen können".

Unterschiedliche Auffassungen gebe es etwa zur Kirchensteuer und dem kircheneigenen Arbeitsrecht. "Ich halte die Idee, das bewährte System der Kirchensteuer durch eine Kultursteuer nach italienischem Vorbild abzulösen, für nicht zu Ende gedacht", sagte Neymeyr mit Blick auf entsprechende Äußerungen des Ministerpräsidenten. "Und auch die Kritik am kirchlichen Arbeitsrecht kann ich so pauschal nicht nachvollziehen."

Politik könne stärker unterstützen

Stärkere Unterstützung der Politik wünscht sich der Bischof für die freien Trägern im sozialen Bereich, darunter die Caritas. "Die Erfahrungen mit der derzeitigen Landesregierung sind in diesem Punkt nicht nur positiv", sagte er. Auch bei der Finanzausstattung der Schulen in freier Trägerschaft gebe es zwar Verbesserungen, aber noch eine auskömmliche Finanzierung. "Insbesondere die freien Berufsschulen verkraften keine weitere Nullrunde."

Mit Blick auf die nach der Wende neu errichteten katholischen Bistümer Erfurt, Görlitz und Magdeburg zog Neymeyr eine positive Bilanz. "Dass man sich vor 25 Jahren für die heute so in Ostdeutschland existierende Bistumslandschaft entschieden hat, war auch ein starkes Zeichen an die Katholiken in der ehemaligen DDR", sagte er. 

Missbrauchsaufarbeitung und Strukturreform im Bistum

Erleichtert zeigte sich der Bischof, dass bei einer von unabhängiger Seite durchgeführten Überprüfung der Personalakten des Bistums keine weiteren Verdachtsfälle auf Missbrauch gefunden wurden. "Aber wir müssen weiter wachsam bleiben", sagte er. "Wir wollen weiter aufarbeiten und auch alles dafür tun, künftig Missbrauch zu verhindern."

Eine insgesamt positive Bilanz zog er auch mit Blick auf die Strukturreformen im Bistum. Gemeinden und Pfarrer hätten sehr früh gewusst, was auf sie zukommt. "Trotzdem verläuft der Prozess der Zusammenlegungen von Pfarreien auch in unserem Bistum natürlich nicht ohne Schmerzen." Das kirchliche Leben sei dort, wo Pfarreien den Prozess bereits durchlaufen haben, nicht zum Erliegen gekommen. Mut mache, dass die Kirche derzeit im Eichsfeld und – insbesondere durch den Zuzug polnischer Migranten – in Erfurt einen leichten Zuwachs bei den Katholikenzahlen erlebe.


Bischof Ulrich Neymeyr im Portrait / © Jacob Schröter (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr im Portrait / © Jacob Schröter ( KNA )

Bodo Ramelow im Portrait / © Martin Schutt (dpa)
Bodo Ramelow im Portrait / © Martin Schutt ( dpa )
Quelle:
KNA