FDP, Linke und Grüne bereiten Klage gegen 219a vor

Gutachten prüft Erfolgsaussichten

Die Fraktionen von FDP, Grünen und Linken streben eine Normenkontrollklage des Bundestages an. Ein Gutachten soll die Erfolgsaussichten prüfen. Ein Rechtswissenschaftler hält die beschlossene Ergänzung des Paragrafen 219a für nicht haltbar.

Paragraf 219a: Bundesregierung einigt sich auf Kompromiss  / © Silas Stein (dpa)
Paragraf 219a: Bundesregierung einigt sich auf Kompromiss / © Silas Stein ( dpa )

FDP, Linke und Grüne bereiten eine gemeinsame Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Reform des Paragrafen 219a vor. Das sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, Freitag). Die FDP habe dabei die Federführung und arbeite in Abstimmung mit den anderen beiden Fraktionen daran, ein Gutachten erstellen zu lassen und einen Prozessbevollmächtigten zu finden.

Die Reform, die der Bundestag in der vergangenen Woche verabschiedet hat, sieht eine Ergänzung des Paragrafen vor. Thomae sagte mit Blick auf die Klage, "es wäre schön, wenn wir das Eisen im März schmieden könnten". Allerdings hänge die endgültige Entscheidung vom Inhalt des Gutachtens ab. "Wir wollen schon mit gewissen Erfolgsaussichten reingehen."

FDP und Grüne verhandeln

Die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, betonte, die Prüfung sei im Gange. "Es sieht so aus, als ob das tatsächlich gute Chancen hätte", sagte sie dem RND. Derzeit liefen die Verhandlungen mit FDP und Grünen.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, bekräftigte am Freitag, ihre Fraktion sei offen für die Prüfung. Die Reform des Paragrafen schaffe mehr "Rechtsunsicherheit". Die negative Stimmung gegenüber Ärzten, die eine Abtreibung vornähmen, und schwangeren Frauen, die einen Abbruch erwägten, werde damit weiter geschürt. Für eine entsprechende Normenkontrollklage des Bundestages sind 25 Prozent der Abgeordneten erforderlich. Gemeinsam erreichen die drei Fraktionen dies.

Als Gutachter ist offenbar der Gießener Rechtswissenschaftler Arthur Kreuzer im Gespräch. Er sagte dem RND: "Ich halte eine Klage für aussichtsreich. Das Gesetz erscheint mir verfassungsrechtlich nicht haltbar." In Gießen ist auch die Frauenärztin Kristina Hänel zu Hause, die Ende 2017 wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und ein Auslöser für die Debatte über das Werbeverbot für Abtreibungen war.

Verabschiedete Ergänzung umstritten

Paragraf 219a untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Nach monatelangem Streit hatte sich die Bundesregierung auf einen Kompromiss für eine Reform geeinigt, diese sieht eine Ergänzung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch vor.

Danach sollen Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen unter den gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen. Zudem soll die Bundesärztekammer eine ständig aktualisierte Liste der Ärzte und Krankenhäuser erstellen, die Abbrüche durchführen.

Anne-Klein-Frauenpreis 2019

Unterdessen werden die Ärztinnen Kristina Hänel, Natascha Nicklaus und Nora Szasz am Freitagabend in Berlin mit dem Anne-Klein-Frauenpreis 2019 ausgezeichnet. Die drei Frauen sind wegen eines Verstoßes gegen den Paragrafen angeklagt; Hänel ist inzwischen zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch sie erwägt einen Gang nach Karlsruhe. Die Jury würdige ihren Mut, eine alle Frauen betreffende Grundsatzfrage auszufechten, heißt es in der Begründung.

Anne Klein (1950-2011) war eine deutsche Juristin und Berliner Senatorin, die sich vor allem für Frauenrechte und gleichgeschlechtlichte Lebensweisen einsetzte. Die Auszeichnung, die mit 10.000 Euro dotiert ist, wird von der den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung vergeben.


Quelle:
KNA