NRW-Ministerpräsdient Laschet über die Jerusalem Foundation

"Israel ist Teil unserer Geschichte"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ist seit 2018 ehrenamtliches Mitglied der Jerusalem Foundation Deutschland. Ihm ist es wichtig, den interreligiösen Dialog auch in NRW zu stärken, wie durch den Jugendaustausch mit Israel.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet besucht Gedenkstätte Yad Vashem / © R. Sondermann (Land NRW)
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet besucht Gedenkstätte Yad Vashem / © R. Sondermann ( Land NRW )

DOMRADIO.DE: Sie unterstützen mit ihrer Mitgliedschaft viele friedensstiftende interkulturelle Projekte der Jerusalem Foundation. Wieso ist Ihnen das so wichtig?

Armin Laschet (Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen): Die Jerusalem Foundation hat seit vielen Jahrzehnten enge Kontakte zum Land Nordrhein-Westfalen. Besonders Ministerpräsident Johannes Rau hat immer dafür geworben, dass wir Projekte gemeinsam mit der Jerusalem Foundation realisieren. Die Vorgängerregierung hat leider diese Tradition ausgesetzt.

Ich finde, dass die Jerusalem Foundation so Wichtiges leistet, dass Nordrhein-Westfalen sich da engagieren sollte. Mir persönlich ist auch die Beziehung zu Israel wichtig. Sie ist Teil unserer Geschichte in Deutschland. Diese besondere Tradition will ich wiederbeleben.

DOMRADIO.DE: Sie waren im September 2008 als Ministerpräsident in offizieller Mission in Israel, auch in Jerusalem. Welche Eindrücke haben Sie da mitgenommen, auch von diesem engen Zusammenleben der Kulturen und Religionsgemeinschaften?

Laschet: Man spürt natürlich die politischen Spannungen, die diese Stadt seit vielen Jahrzehnten, fast Jahrhunderten auszutragen hat. Sie ist der heilige Ort der drei großen Weltreligionen, des Judentums, des Christentums und des Islam. Das ballt sich alles auf wenigen Quadratkilometern, die heiligen Stätten dieser Religionen.

Dass das - überlagert durch den politischen Nahost-Konflikt - natürlich zu Spannungen führt, ist leicht verständlich. Dennoch ist Jerusalem auch ein Ort, an dem der Austausch der Kulturen und der Religionen stattfindet. Und genau das ist es, was die Jerusalem Foundation voranbringen will. Dass beispielsweise hebräisch und arabisch sprechende Familien über ihre Kinder hier zusammen gemeinsame Projekte erfahren.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen diese heilige Stadt ganz persönlich als Christ?

Laschet: Für uns Christen sind die Leidensgeschichte Jesu und der Tod Jesu ganz eng mit Jerusalem verbunden. Die Grabeskirche war über Jahrhunderte ein Zielort von Christen aus aller Welt. Man kann alle Orte des Evangeliums - vom Abendmahlsaal über Golgatha am Ende - persönlich besuchen. Wenn man dort steht, ist das etwas anderes, als wenn man das nur theoretisch bei uns feiert oder liest. Deshalb ist das für Christen natürlich ein besonderer Ort.

DOMRADIO.DE: Könnten diese vielfältigen, interkulturellen und überparteilichen Projekte der Jerusalem Foundation in Israel auch Vorbild für uns in Deutschland und Nordrhein-Westfalen sein?

Laschet: Ja, wir brauchen andere Antworten, aber in vielem ähnelt sich die Idee, die die Jerusalem Foundation dort vor Ort lebt. Auch wir haben inzwischen als Teil unseres Landes Muslime, Christen und Juden, die hier leben. Wir haben keine heiligen Stätten aber wir haben zuweilen trotzdem Konflikte.

Die kann man am besten beheben, indem man sich kennenlernt, sich begegnet und auch gemeinsame Dinge anpackt. Deshalb finde ich, dass, wenn ein Jugendaustausch mit Israel stattfindet - auch den haben wir noch einmal erhöht, weil ich es wichtig finde, dass junge Leute aus Nordrhein-Westfalen nach Israel gehen - der auch an Jugendliche aus Einwandererfamilien gerichtet ist.

Die haben natürlich zum Teil eine ganz andere Tradition. Die sagen auch teilweise: Für die Verbrechen des Nationalsozialismus sind wir nicht verantwortlich. Der Teil stimmt. Aber sie sind jetzt als Kinder und Jugendliche Deutsche, gehören zu unserem Land und müssen deshalb auch die besondere Verantwortung verstehen und akzeptieren.

DOMRADIO.DE: In Nordrhein-Westfalen nimmt der Antisemitismus zu. Wie begegnen Sie dem? Was haben Sie für Ideen, wie man dem begegnen kann?

Laschet: Man muss dem Antisemitismus von Anfang an präventiv begegnen. In den Schulen, in Jugendeinrichtungen und an anderen Orten. Wenn er sich gesetzeswidrig artikuliert, auf Straßen und bei Demonstrationen, muss der Staat auch durchgreifen. Wir haben seit wenigen Monaten eine Antisemitismusbeauftragte, die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sehr viel vor Ort unterwegs ist und mit den jüdischen Gemeinden, aber auch mit anderen, zusammen überlegt, wie wir Antisemitismus begegnen können.

Vor wenigen Tagen war ich mit jungen Muslimen und Christen zusammen in Auschwitz am Gedenktag des Holocaust. Auch solche Reisen, die in Erinnerung rufen, zu welchem Menschheitsverbrechen Hass führen kann, dienen dazu, dass Antisemitismus nie wieder groß wird.

DOMRADIO.DE: In Ihrer Familie ganz privat spielen der katholische Glaube und auch christliche Werte eine sehr große Rolle. Sie stehen sehr offen dafür ein, Christ zu sein. Tun wir das manchmal zu wenig?

Laschet: Ich halte wenig davon, als Politiker immer mit einem Bibelzitat durch die Reden zu vagabundieren. Das ist schon eine sehr private Sache. Aber wir Christen sollten - finde ich - selbstbewusst sagen: Die Botschaft, die wir der Welt anbieten, die Botschaft der Nächstenliebe und des Respekts, vieles von dem, was im Neuen Testament beschrieben ist, ist das Beste, was man der Welt anbieten kann.

Würde sich jeder an diese Regeln - an die Regeln der Bergpredigt und vieles andere - halten, dann hätten wir eine bessere Welt. Das finde ich, sollten wir - so, wie andere Religionen das für sich tun - viel offensiver und häufiger laut sagen.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR
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