Appell der Kirchen zu 100 Jahren Weimarer Nationalversammlung

"Mehr Einsatz für Frieden in der Gesellschaft"

Mit einem ökumenischen Gottesdienst ist die Gedenkfeier zum 100. Jahrestag der Weimarer Nationalversammlung eröffnet worden. Dabei riefen die Kirchenvertreter zu mehr Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden in der Gesellschaft auf.

Weimarer Herderkirche / © Maik Schuck (epd)
Weimarer Herderkirche / © Maik Schuck ( epd )

Entsprechend äußerten sich der katholische Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr und die evangelische mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann in ihrer Predigt.

An dem Gottesdienst in der Weimarer Stadtkirche nahmen Spitzenvertreter aus Politik und Religionsgemeinschaften teil, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, der Botschafter des Papstes, Erzbischof Nikola Eterovic, sowie Landesrabbiner Alexander Nachama.

Schauen mit Sorge in die Zukunft

"Wir schauen mit Sorge auf unsere heutige Gesellschaft und ihre Zukunft: Gruppenbezogene Menschenverachtung findet Gehör, Antisemitismus in Worten und Taten nimmt zu, im Herzen der Demokratie in den Parlamenten wird der Ton aggressiv und polemisch", sagte Neymeyr. Junkermann ergänzte: "Ja, ein wirklich demokratisches Miteinander ist mitunter mühsam. Streit gehört dazu, fairer Streit. Schlimm, wenn es wie damals in der Weimarer Republik zu schweren Kämpfen kommt."

Die verfassungsgebende Deutsche Nationalversammlung kam am 9. Februar 1919 im Weimarer Nationaltheater zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Der Versammlungsort wurde zum Namensgeber für die erste parlamentarische Demokratie Deutschlands, die bis 1933 bestehende Weimarer Republik.

Weimarer Verfassung gewürdigt

Bischof Neymeyr würdigte die Weimarer Verfassung: "Wir sind uns dankbar bewusst, dass das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vieles von der Weimarer Verfassung übernommen hat, nicht nur die bewährten Regelungen des Verhältnisses von Staat und Religionsgemeinschaften." Die Kirchen seien dankbar, auf diesem Fundament mitzubauen. "Und wir suchen das Gespräch mit anderen Religionen und mit Menschen ohne religiöse Bindung."

Junkermann räumte ein: "Für viele Evangelische damals war die Weimarer Republik wie ein Exil. Sehr viele hingen noch lange an der alten Obrigkeit, der Monarchie." Dass Staat und Kirche nunmehr getrennt waren, sei "eine für Kirchenmenschen schmerzvolle Veränderung" gewesen.

Die Bischöfin erinnerte daran, wie die Nationalsozialisten die Demokratie der Weimarer Republik aushebelten und "nur eine Minderheit der Christen und in den Kirchen dem widerstand und sich der Diktatur nicht ergeben hat". Junkermann betonte: "Wir denken an die vielen Gequälten, Gefolterten, Ausgebeuteten, Ermordeten. Sie mahnen uns: Seht hin! Mischt Euch ein! Wehrt den Anfängen!"

Die Jubiläums-Feierlichkeiten setzen sich am Nachmittag mit einem Festakt im Nationaltheater fort. Den ganzen Tag über findet in der Klassikerstadt ein Bürgerfest statt, an dem auch Nachfahren von Parlamentariern der Weimarer Republik teilnehmen.


Quelle:
KNA
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