Ministerien einigen sich beim Paragrafen 219a

Informationen für Schwangere und Rechtssicherheit für Ärzte

Nach monatelangem Ringen hat sich die Bundesregierung auf einen Entwurf für eine Reform des Werbeverbots für Abtreibungen geeinigt. Der Paragraf soll nicht abgeschafft, aber ergänzt werden.

Autor/in:
Birgit Wilke
Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch / © Harald Oppitz (KNA)
Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch / © Harald Oppitz ( KNA )

Bis Ende Januar wollte die Koalition liefern. Am Montagabend sickerte durch, dass sich die beteiligten Ministerien geeinigt hätten. Danach bleibt der Paragraf 219a, das Werbeverbot für Abtreibungen, bestehen. Schwangere sollen sich laut dem Entwurf, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, aber besser über Möglichkeiten für einen Abbruch informieren können. Ärzte, die Abtreibungen durchführen und darüber informieren, sollen Rechtssicherheit haben. Zudem sollen junge Frauen bis 22 Jahre kostenlos die Pille erhalten können. Bislang war dies bis zum Alter von 20 Jahren möglich.

Verbot der Werbung soll erhalten bleiben

Die Situation war verfahren: Die SPD wollte den Paragrafen 219a eigentlich abschaffen, zog aber einen entsprechenden Entwurf im Frühjahr 2018 zurück, um den Koalitionsfrieden zu wahren. Die Union bestand darauf, den Paragrafen zu belassen. Er untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Zudem soll eine Abtreibung nicht als normale Dienstleistung gelten, die Ärzte in ihrem Leistungsangebot aufführen können.

Auslöser für die Debatte war unter anderem ein Vorfall Ende 2017. Das Amtsgericht Gießen verurteilte die Ärztin Kristina Hänel damals wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe. Lebensschützer hatten auf ihrer Homepage entdeckt, dass sie Abtreibungen anbietet, und Hänel angezeigt. Inzwischen laufen auch gegen andere Ärzte Verfahren. Erst am Wochenende demonstrierten Befürworter einer Abschaffung des Paragrafen in mehreren Städten.

Ausformulierung der Vereinbarungen 

An der Suche nach einem Kompromiss waren fünf Minister beteiligt: Justizministerin Katarina Barley, Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD), Innenminister Horst Seehofer (CSU), Gesundheitsminister Jens Spahn und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU). Schon in der letzten Sitzungswoche vor Weihnachten legten sie ein Eckpunktepapier vor. Die Vereinbarungen wurden nun in dem Referentenentwurf ausformuliert.

Konkret sieht ihre Einigung vor, dass Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite informieren dürfen, dass sie Abtreibungen unter den gesetzlichen Voraussetzungen durchführen. Zudem werde im Schwangerschaftskonfliktgesetz die Regelung eingefügt, die die Bundesärztekammer verpflichtet, eine Liste der Ärzte und Krankenhäuser zu führen, die Abbrüche durchführen. Sie soll auch die Möglichkeiten und Methoden aufzählen und ständig aktualisiert werden. Werbung für Abtreibung bleibt weiter strafbar.

Sicherheit für Ärzte und Krankenhäuser

Das Bundesgesundheitsministerium soll zudem bis Jahresende Vorschläge vorlegen, wie die Methoden für einen Abbruch weiterentwickelt und ausgeweitet werden. Befürworter einer Abschaffung des Paragrafen betonten stets, dass es in einigen Regionen in Deutschland kaum noch Ärzte gebe, die Abtreibungen durchführen, weil sie Angst hätten, sich strafbar zu machen. Ein weiteres Zugeständnis an die SPD: Im Sozialgesetzbuch V soll die Altersgrenze für Frauen, die Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln, von 20 auf 22 Jahre angehoben werden.

In einer ersten Reaktion zeigte sich Justizministerin Barley zufrieden; ihr Haus war federführend. Die neue Vorschrift sorge für Rechtssicherheit. Ärzte, Krankenhäuser und andere Einrichtungen hätten so die Möglichkeit, selbst öffentlich darüber zu informieren, dass sie Abtreibungen durchführen.


Quelle:
KNA
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