Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung wirft Fragen auf

Stammkundschaft auf der Arabischen Halbinsel

Deutschland liefert wohl auch in Zukunft weiter Waffen in Krisen- und Konfliktregionen. Die Kritik daran wächst. Ein echter Kurswechsel der Bundesregierung ist bisher nicht erkennbar.

Autor/in:
Joachim Heinz
Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung wirft Fragen auf  / © Federico Gambarini (dpa)
Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung wirft Fragen auf / © Federico Gambarini ( dpa )

"Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik." So formuliert es ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Tatsache ist: Der Wert der von der Bundesregierung erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen ging in den vergangenen drei Jahren zurück, 2018 betrug er 4,82 Milliarden Euro. Tatsache ist aber auch: Etwas mehr als die Hälfte davon bezog sich auf Rüstungsgeschäfte mit sogenannten Drittstaaten. Darunter fallen alle Länder außerhalb von EU, Nato sowie von Staaten, die der Nato gleichgestellt werden.

Lieferungen an diese Ländergruppe sind deshalb besonders umstritten, weil dadurch immer wieder Waffen aus Deutschland in Krisen- und Konfliktregionen oder Staaten mit einer problematischen Menschenrechtslage gelangen. Wie unter einem Brennglas zeigt sich die ganze Tragweite des Problems bei Deals mit den Ländern der Arabischen Halbinsel. Linke und Grüne, aber auch die Kirchen haben hier immer wieder den Finger in die Wunde gelegt. Sie kommen zu dem Schluss: Ein echter Kurswandel bei der Bundesregierung ist nicht erkennbar.

Die zehn wichtigsten Empfängerländer

Zu den zehn wichtigsten Empfängerländern der zwischen Oktober und Dezember erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen gehören beispielsweise Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Das geht aus einer am Wochenende publik gewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Linken, Sevim Dagdelen, hervor, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt.

Damit befeuern deutsche Unternehmen die multiplen Konflikte am Golf. Die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen sich an der von Saudi-Arabien angeführten Kriegsallianz im Jemen. Katar wiederum ist mit dem nach Hegemonie strebenden Saudi-Arabien verfeindet. Immerhin: Für das Königreich wurden im letzten Quartal 2018 keine Genehmigungen erteilt.

"Made in Germany"

Ausfuhrgenehmigungen bezeichnen allerdings nicht die tatsächlichen Exporte von Rüstungsgütern, sondern beziehen sich auf Waffengeschäfte in der Zukunft. Die Bilanz bei den tatsächlichen Ausfuhren fällt jedoch keinen Deut besser aus: Allein von Januar bis Oktober 2018 gingen Kriegswaffen "made in Germany" im Wert von 160 Millionen Euro nach Saudi-Arabien – ein Plus von 50 Millionen Euro gegenüber dem gesamten Jahr 2017.

Bereits vor Bekanntwerden dieser Zahlen übte der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), Karl Jüsten, Mitte Dezember scharfe Kritik an den regelmäßigen Geschäftsbeziehungen zu Saudi-Arabien. Damit trage die Bundesregierung zur humanitären Katastrophe im Jemen teil. "Mehr noch: Sie fördert auch den Bruch des Völkerrechts." Linken-Politikerin Sevim Dagdelen spricht von einem "Armutszeugnis".

Im November verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi einen zeitweiligen Export-Stopp für Saudi-Arabien. Wie lange diese Maßnahme gelten soll und wie konsequent sie umgesetzt wird, bleibt unklar.

Stammkundschaft auf der Arabischen Halbinsel

"Die Grundlage für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien ist bis auf Weiteres nicht gegeben", so der Sprecher des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage der KNA. Momentan würden keine neuen Genehmigungen erteilt "und die Bundesregierung wirkt auch auf die Inhaber von gültigen Einzelgenehmigungen hin mit dem Ergebnis, dass es derzeit grundsätzlich keine Ausfuhren von Deutschland nach Saudi-Arabien gibt."

Bis zum Sommer will die Bundesregierung ihre aus dem Jahr 2000 stammenden Rüstungsexportrichtlinien verschärfen. Die Stammkundschaft auf der Arabischen Halbinsel wird unterdessen weiter bedient. Wie der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, erlaubte der Bundessicherheitsrat dem Waffenkonzern Rheinmetall, einen seiner neuesten Panzer, Modell "Lynx KF41", auf einer Militärshow zum Nationaltag in Katar Mitte Dezember 2018 zu präsentieren.

Insidern zufolge bahne Rheinmetall den Verkauf einer ganzen Tranche der Kampffahrzeuge nach Katar an. Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul wirft der Regierung Doppelmoral vor. "Immer wieder eine restriktive Exportpolitik zu versprechen und gleichzeitig Werbevorführungen von deutschen Waffen zu erlauben ist ein nicht erklärbarer Widerspruch."


Quelle:
KNA