Bundespräsident besucht Wärmestube

Schnittchen und Suppe mit Steinmeier

Ehrenamtliche bieten Armen und Wohnungslosen in der Wärmestube der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin Essen und Gesellschaft an. Bundespräsident Steinmeier besuchte die Einrichtung an diesem Mittwoch und packte gleich selbst mit an.

Autor/in:
Anna Fries
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender schenken Suppe für Bedürftige aus / © Britta Pedersen (dpa)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender schenken Suppe für Bedürftige aus / © Britta Pedersen ( dpa )

Sie führen meist ein Schattendasein in U-Bahnhöfen, Hauseingängen und unter Brücken - möglichst windgeschützt und trocken. Dennoch klettert die Kälte bei Minusgraden und Regen im Winter bis in die Knochen.

Wärmestuben wie die in der evangelischen Berliner Heilig-Kreuz-Kirche bieten obdachlosen Menschen tagsüber einen Aufenthaltsraum, Essen und Gesellschaft. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte die Einrichtung am Mittwoch und wurde gleich in die Arbeit eingespannt

Fragen an den Bundespräsidenten

Kaum in der Kirche angekommen, die nur noch teilweise für Gottesdienste genutzt wird, bekommt das Staatsoberhaupt von ehrenamtlichen Helfern eine bordeauxrote Schürze in die Hand gedrückt. Dann geht es für ihn und seine Frau Elke Büdenbender ans Brote schmieren. An den Tischen sitzen bereits rund 70 Gäste der Wärmestube und erwarten sowohl das Mittagessen als auch den hohen Besuch.

Doch zuerst nimmt der Bundespräsident sich Zeit, um mit den Gästen zu plaudern. Während er Schinkenbrote schmiert und mit Paprika dekoriert, dürfen die Gäste ihm Fragen stellen. Durchaus auch mal ganz persönlich: "Herr Bundespräsident, könnten Sie von Hartz IV leben, was halten sie vom Mindestlohn?" oder "Können Sie etwas gegen die steigenden Mieten tun?". Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: Von Hartz IV zu leben, sei "mehr als knapp", sagt Steinmeier.

Oft bedeute es, ein Leben am unteren Rand der Gesellschaft zu führen. Davon können die Gäste der Wärmestube ein Lied singen. In den Wintermonaten öffnet die Gemeinde Heilig-Kreuz-Passion ihre Türen für Obdachlose und Arme. Jeden Mittwochnachmittag bekommen sie dort Kaffee, Tee, belegte Brote und Suppe. Auch Kleidung, Bücher und Musikangebote gibt es. Denn: "Satt und sauber ist nicht alles", sagt Pfarrer Peter Storck. Die Wärmestube wolle die Würde der Menschen ins Zentrum stellen. Dafür sei es wichtig, Zeit miteinander zu verbringen.

Steinmeier serviert Suppe

Für den Moment haben jedoch Essen und der Besuch Vorrang: Es gibt Suppe mit Bohnen, Kartoffeln und Würstchen, serviert vom Bundespräsidenten und seiner Frau. Der betont, es gebe viele Gründe, warum jemand obdachlos werde. Viele Menschen hätten Brüche erlebt, Pech im Leben gehabt oder als Jugendliche Gewalt erlebt. Auch aus anderen Ländern strandeten zusehends Menschen in Deutschland auf der Straße und versuchten, "irgendwie zu überleben". Denn das Leben auf der Straße sei hart.

"Wenn du wegschaust, siehst du nicht, wer ich bin, siehst du nicht die Einsamkeit, siehst du nicht meine Angst", singt der Chor "Different Voices of Berlin", in dem auch Obdachlose mitwirken, während des Essens. Steinmeier ist in puncto Obdachlosigkeit seit Jahren aktiv, als Bundespräsident besuchte er im Vorjahr die Berliner Bahnhofsmission. Seine Jura-Promotion aus den 90er Jahren beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema Wohnungslosigkeit.

Im Gespräch mit Gästen kritisiert er eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich - und stößt damit auf offene Ohren. "Seit Hartz IV kommen viele Menschen zum Essen", kritisiert Pfarrer Storck. Es sei wichtig, den Riss in der Gesellschaft zu kitten, damit jeder einen Platz finde. Denn viele Menschen seien sozial abgehängt.

Treffpunkt und Gemeinschaft für Menschen

Draußen unter einem Vorsprung der Kirche haben Gäste ihre Trollys und Einkaufstüten abgestellt - für manche ihr ganzer Besitz. Ein Stück weiter vor dem Haupteingang steht ein Arztmobil der Caritas, in dem sich Menschen ohne Krankenversicherung behandeln lassen können.

Auch Danny hat dieses Angebot bereits genutzt. Der Mittvierziger hat keine Wohnung und kommt seit mehreren Jahren zur Wärmestube, tagsüber, um sich die Zeit zu vertreiben und etwas Warmes zu essen. Nachts schläft er in Notunterkünften oder auf der Straße - wenn er keinen Platz mehr bekommt oder seine Ruhe brauche, wie er sagt. Über den Besuch freue er sich. "Es ist super, dass jemand so Wichtiges in die Wärmestube kommt."

Als Steinmeier weg ist, wird es ruhiger in der Kirche. Die Gäste tauschen sich über den hohen Besuch aus. Die Wärmestube wird zu dem, was sie sein will - Treffpunkt und Gemeinschaft für Menschen, die ansonsten alleine zu Hause oder auf der Straße in der Kälte den Nachmittag verbringen würden.


Quelle:
KNA