Das zweitgrößte Parlament der Welt wird neu gewählt

500 Millionen Europäer können ihre Stimme abgeben

Im kommenden Mai sind Europawahlen. Nach manchen Prognosen könnten dann mehr als ein Fünftel der neugewählten EU-Abgeordneten zur Strömung der nationalistischen EU-Skeptiker gehören.

 (DR)

Europaskeptische, populistische und rechtsradikale Politiker haben in Europa derzeit Konjunktur. Komplizierte Kompromisse aus Brüssel sind out, einfache Lösungen liegen im Trend. Umso wichtiger sind die Europawahlen im Mai 2019. 500 Millionen EU-Bürger sind aufgefordert, 705 Abgeordnete des EU-Parlaments zu wählen.

EU-Parlament kann an Gesetzen mitentscheiden

Sie wirken an neuen Gesetzen mit, wachen über den EU-Haushalt und über die Arbeit der EU-Kommission. Im Gegensatz zu nationalen Parlamenten hat das Europaparlament nicht das Recht, Gesetze vorzuschlagen; das kann in der EU nur die Kommission. Gemeinsam mit Rat und Kommission kann es aber nach dem Vorschlag an den Gesetzen mitarbeiten.

In der EU nennt man diesen Prozess "Mitentscheidungsverfahren". Konkret bedeutet das, dass Abgeordnete etwa Änderungsanträge einreichen können und am Ende über das Gesetz abstimmen.

Ist das EU-Parlament mit einem Gesetz nicht einverstanden, kann es nicht in Kraft treten. Wichtig ist, dass das Parlament nicht allein über Gesetze entscheidet, sondern immer gemeinsam mit dem Rat, wo die Regierungen der derzeit noch 28 Mitgliedstaaten vertreten sind. Bei internationalen Verträgen wie dem Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) muss das EU-Parlament zustimmen, damit es in Kraft treten kann.

Urheberrecht und Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Seit 2004 hat das Parlament zum Beispiel dem hohen Verbrauch von Kunststofftüten ein Ende gesetzt. Außerdem hat es Kreditkartengebühren transparenter gemacht. Bis zu den Europawahlen arbeiten die Abgeordneten noch an einer Überarbeitung des Urheberrechts und einer Richtlinie für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Wahlberechtigt sind in Deutschland alle EU-Bürger über 18 Jahren. Bei den Wahlen im Mai 2014 lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 48,1 Prozent. In Deutschland kann jeder EU-Bürger über 18 Jahren auf Bundes- oder Landeslisten von Parteien kandidieren.

Da Großbritannien im Frühjahr aus der EU austritt, bleiben die 73 Sitze der britischen Abgeordneten leer. Das EU-Parlament hat im Februar entschieden, 46 Sitze als Reserve für eine mögliche Erweiterung zu behalten; sie bleiben vorerst frei. 27 Sitze werden auf 14 EU-Länder verteilt, die derzeit unterrepräsentiert sind.

Spitzenkandidaten stehen bereits fest

Erstmals gab es bei den Europawahlen 2014 Spitzenkandidaten. Alle großen Parteien im EU-Parlament kürten einen Kandidaten, der dann an TV-Duellen und Debatten teilnahm. Auf diese Weise sollten die Europawahlen wie nationale Wahlen mehr mit Personen in Verbindung gebracht werden.

Die Spitzenkandidaten der großen europäischen Volksparteien stehen bereits fest. Für die Europäischen Volkspartei (EVP), zu denen auch die CDU und die CSU gehört, tritt der Bayer Manfred Weber (CSU, 46) an. Er ist derzeit der Vorsitzender der größten Fraktion im EU-Parlament. Einer seiner Herausforderer ist der derzeitige Erste Vizepräsident der EU-Kommission, der Niederländer Frans Timmermans (57).

Für die Grünen treten Ska Keller (36) und der Niederländer Bas Eickhout (42) an. Der Spitzenkandidat der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), einer europaskeptischen Partei, ist der Tscheche Jan Zahradil (55). Die Linken und Liberalen haben noch nicht entschieden, ob oder wen sie ins Rennen um den Kommissionschefposten schicken.

"Was tut die EU für mich?"

Was die EU ganz konkret für die Bürger vor Ort macht, können sie auf der neuen Internetseite "Was tut die EU für mich?" erfahren. Ob Opernliebhaber, Schulleiter, Weintrinker oder Mitglied einer religiösen Minderheit, die Internetseite will erklären, wie sich die EU für Gesellschaftsgruppen einsetzt. Insgesamt gibt es Informationen zu 400 verschiedenen Sparten der Gesellschaft.

Für 1.400 Städte und Gemeinden hat das Parlament aufgelistet, welche Projekte in der Region von der EU gefördert werden. Es reicht vom Schülerlabor in Leverkusen bis zur Förderung des Nationalparks im Berchtesgadener Land. Zudem können die Bürger mehr über den aktuellen Stand der EU-Politik etwa bei bestimmten Themen wie Umweltschutz, Terrorismusbekämpfung oder der Landwirtschaft erfahren.

Von Franziska Broich


Quelle:
KNA