Politiker und Diplomat Abdallah Frangi wird 75

Palästina als Lebensaufgabe

Er ist fast so alt wie der israelisch-palästinensische Konflikt, und die meiste Zeit seines Lebens hat er in den Dienst der palästinensischen Sache gestellt: der Diplomat Abdallah Frangi, "Arafats Mann in Deutschland".

Autor/in:
Andrea Krogmann
Stern mit der Aufschrift "Palestine" in der zweigeteilten Stadt Hebron / © Andrea Krogmann (KNA)
Stern mit der Aufschrift "Palestine" in der zweigeteilten Stadt Hebron / © Andrea Krogmann ( KNA )

Die deutsche Politik gegenüber den Palästinensern hat sich insgesamt verbessert, sagt Abdallah Frangi im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das ist auch sein Verdienst: Seit mehr als 40 Jahren wirbt der Politiker und Diplomat als einer der prominentesten Vertreter seines Volkes in Deutschland um Unterstützung für die palästinensische Sache.

Keine einfache Aufgabe in einem Land, das aufgrund seiner Geschichte traditionell eine sehr enge Verbundenheit zu Israel sucht. Dennoch ist Frangi in deutschen Medien, aber auch bei deutschen Politikern ein geschätzter Gesprächspartner. Am Donnerstag wird der mit einer Deutschen verheiratete Beduinensohn 75 Jahre alt.

Medizinstudium in Frankfurt

Frangi wird 1943 in eine einflussreiche Beduinenfamilie geboren. Doch weniger diese Wurzeln als die politische Großwetterlage in seiner Geburtsregion ist es, die ihn von Ort zu Ort ziehen lassen, bevor er zwischen Deutschland und Gaza sesshaft wird. Frangi ist fünf Jahre alt, als seine Familie im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 von Beerscheva ins ägyptisch kontrollierte Gaza flieht. Als 1956 während der Suez-Krise israelische Soldaten nach Gaza kommen, flieht die Familie und mit ihr Frangi nach Kairo.

Anfang der 1960er Jahre betritt der Palästinenser zum Medizinstudium in Frankfurt erstmals deutschen Boden. Deutschland sollte er von da an als zweite Heimat treu bleiben, zuerst in Bonn, dann in Berlin und schließlich in Langen bei Frankfurt, dem Elternhaus seiner Ehefrau Benita. Die politisch aktive Studentenszene bringt den angehenden Mediziner auf einen neuen Zweig: Zum Medizinstudium kommt die Politikwissenschaft. Die Politik wird seine Berufung und sein Beruf.

Vorübergehende Ausweisung

In seiner 2011 erschienenen Autobiografie "Der Gesandte: mein Leben für Palästina" zieht Frangi Bilanz seines bewegten politischen Lebens: vom Vorsitz der Generalunion palästinensischer Studenten (GUPS) Ende der 60er Jahre über den Posten des PLO-Vertreters bei der Arabischen Liga in Bonn ab 1970. In Folge des Terroranschlags auf Olympia Spiele in München 1972 wird Frangi zusammen mit Hunderten anderen Palästinensern zeitweilig aus Deutschland ausgewiesen.

Zwei Jahre später darf Frangi nach Bonn zurückkehren, rehabilitiert. Als offizieller PLO-Vertreter wird er zu Jassir Arafats Mann in Deutschland. Die Aufgaben, die der Palästinenserführer und später sein Nachfolger Präsident Mahmud Abbas ihrem Vertrauten Frangi übertragen, sind zahlreich: Leiter der Wiener PLO-Vertretung, ständiger PLO-Vertreter bei der United Nations Industrial Development (UNIDO), Generaldelegierter der Autonomiegebiete in Deutschland, außenpolitischer Sprecher der Fatah, Vorsitzender der Fatah im Gazastreifen, persönlicher Berater von Abbas in Gaza, Gazas Gouverneur.

Gegen pauschale Terrorvorwürfe

Immer wieder zieht es den Palästinenser zurück nach Deutschland. Immer wieder ist er dort auf den Bildschirmen und im Radio präsent, macht sich mit unarabischer Ruhe und Sachlichkeit zum Sprachrohr der palästinensischen Sache. Er wehrt sich gegen pauschale Terrorvorwürfe gegen sein Volk; überall auf der Welt gebe es "Leute, die aus der Reihe tanzen". Gleichzeitig verurteilt er den Terror; der Einsatz von Waffen "egal welcher Art" sei durch nichts zu rechtfertigen.

2013 erhält er gemeinsam mit dem früheren Botschafter Israels in Deutschland Avi Primor den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück. 2017 folgt der Nahost-Preis der Deutschen Initiative für den Nahen Osten.

"Veränderung zum Schlechten"

Dort, sagt Frangi, hat sich zuletzt allenfalls etwas zum Schlechten verändert. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu - und mit ihr die israelische Gesellschaft - bewege sich immer mehr nach rechts, schaffe mit Siedlungsbau, Sperranlagen und einer Zerstückelung des Landes, das einst der Staat Palästina werden soll, schwierige Fakten.

Dennoch hält der wahldeutsche Palästinenser Frangi, inzwischen Berater von Abbas für europäische Angelegenheiten, bis heute an der Zweistaatenlösung fest. So - und nur so - könne es Frieden geben im Nahen Osten.

 


Quelle:
KNA