Kritik am Reformationstag als Feiertag im Norden

"Kein Feiertag für alle"

Zum 500. Reformationsgedenken im vergangenen Jahr war er ein bundesweiter Feiertag: der Reformationstag am 31. Oktober. Inzwischen haben diesen Tag neun Bundesländer als festen Feiertag etabliert. Was nicht frei von Kritik bleibt.

Reformationstag ist in neun Bundesländern Feiertag / © Sebastian Gollnow (dpa)
Reformationstag ist in neun Bundesländern Feiertag / © Sebastian Gollnow ( dpa )

Der Reformationstag am 31. Oktober wird aus Sicht von jüdischen Gemeinden kein "Feiertag für alle". Protestaktionen seien von ihrer Seite nicht zu erwarten, sagte der Landesverbandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, der "Hannoverschen Allgemeinen".

Es habe ihn jedoch geärgert, dass sich die Landesregierung bei der Einführung des neuen Feiertags "sowohl über unsere Einwände hinweggesetzt hat als auch über die der katholischen Kirche".

"Luther ist Vergangenheit, Judenfeindlichkeit Gegenwart"

Das aktuelle Wirken der AfD schätze er allerdings wesentlich gefährlicher ein als den Nachhall der antisemitischen Äußerungen von Reformator Martin Luther, so Fürst weiter. "Im Augenblick sorgt uns mehr der wachsende Antisemitismus in der ganzen Republik. Luther ist Vergangenheit, die grassierende Judenfeindlichkeit jedoch Gegenwart."

Als Beispiel nannte er die Diskussion darüber, ob Juden in der Öffentlichkeit noch die Kippa tragen sollten. "Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sofort Alarm schlagen. Aber der gesamte Ton ist in Deutschland gegen Leute, die anders aussehen oder etwas anderes glauben, viel rauer geworden."

Schwaetzer versteht jüdische Kritik an neuem Feiertag

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, hat Verständnis für die Kritik jüdischer Gemeinden am Reformationstag als neuem gesetzlichem Feiertag in Norddeutschland. Die Kritik habe sie "sehr geschmerzt", aber "selbstverständlich konnte ich das verstehen", sagte Schwaetzer der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine".

"Deswegen finde ich es nach der Entscheidung, die übrigens von politischer Seite getroffen wurde, besonders wichtig, dass viele Gemeinden in diesem Jahr die Annäherung an das jüdische Leben in Deutschland in den Mittelpunkt ihres Reformationsgedenkens stellen", sagte Schwaetzer. Sie habe den Eindruck, "dass es ein großes Bewusstsein dafür gibt, diese dunkle Seite der Reformatoren nie aus dem Blick zu verlieren", sagte die Präses des Kirchenparlaments.

Die Einführung des Feiertags in den norddeutschen Bundesländern Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein würdige die enorme Bedeutung, die die Reformation nicht nur für die Kirche, sondern für die gesamte Gesellschaft habe, betonte Schwaetzer. "Als evangelische Kirche begrüßen wir das, sehen darin aber auch eine Gestaltungsaufgabe."

"Antisemitismus ist Gotteslästerung"

Natürlich bemerke die Kirche, dass der Antisemitismus in Deutschland zunehmend ohne Zurückhaltung ausgesprochen und an vielen Stellen auch gelebt werde. "Deswegen sind Initiativen, die sich gegen Judenhass wenden, wichtiger denn je. Als EKD haben wir klar gesagt: Antisemitismus ist Gotteslästerung", sagte Schwaetzer.

Die Synoden-Präses verwies auch auf die neue Stiftungsprofessur für den christlich-jüdischen Dialog an der Humboldt-Universität: "Wir erwarten uns davon nicht zuletzt eine wissenschaftlich fundierte und kritische Auseinandersetzung mit rechten Argumentationsmustern und Stereotypen."

Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein haben den Reformationstag auf Dauer zum gesetzlichen Feiertag erhoben. Zusammen mit den ostdeutschen Bundesländern - ohne Berlin - gilt dies nun in neun Ländern.


Schmuck mit Lutherrose und Martin Luther / © Hendrik Schmidt (dpa)
Schmuck mit Lutherrose und Martin Luther / © Hendrik Schmidt ( dpa )
Quelle:
KNA , epd