Diskussion ums Kirchenasyl geht weiter

Strafanzeigen und Gesprächsbedarf

Wie sieht die Zukunft des Kirchenasyls aus? Während in der Politik Rufe nach restriktiveren Regeln laut werden, wollen die Kirchen im Gespräch bleiben. Unterdessen geht ein Landkreis sogar juristisch gegen Kirchenasyl vor und stellt Strafanzeigen.

Symbolfoto Kirchenasyl / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolfoto Kirchenasyl / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Rhein-Hunsrück-Kreis hat in neun Fällen Strafanzeigen gegen Verantwortliche aus Kirchengemeinden gestellt, weil diese derzeit Kirchenasyl gewähren. Außerdem seien die ins Kirchenasyl aufgenommenen Flüchtlinge wegen illegalen Aufenthalts angezeigt worden, berichten Medien.

Ob ein formelles Strafverfahren eingeleitet wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft in den kommenden Tagen.

Im Gespräch bleiben

Im Streit um das Kirchenasyl will der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Heinrich Bedford-Strohm weiter mit den Bundesbehörden im Gespräch bleiben. Nach der Verschärfung des Kirchenasyls durch die Innenministerkonferenz der Länder werde es aber "für die Gemeinden extrem schwer", Kirchenasyle anzubieten, sagte Bedford-Strohm am Mittwochabend in einer Online-Diskussion mit der Münchner Juristin Beatrice von Weizsäcker.

Auf die Frage, warum die Kirchen in der Debatte nicht zu mehr zivilem Ungehorsam aufriefen, betonte der EKD-Ratsvorsitzende, dass sich Kirchenasyl-Vereinbarung zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) von 2015 grundsätzlich bewährt habe. Bei aller Kritik an den gegenwärtigen Verschärfungen des Kirchenasyls durch die Behörden dürfe die Kirche den Rechtsstaat aus seiner Sicht nicht in Frage stellen. Es dürfe keinen "kircheneigenen Rechtsweg" geben, die Kirchen dürften das "Gesetz nicht selbst in die Hand nehmen", fügte Bedford-Strohm hinzu, der auch bayerischer Landesbischof ist. Christen hätten die Pflicht, verfolgten Menschen beizustehen. Zugleich warnte er aber vor ideologischen Ansätzen in der kirchlichen Flüchtlingsarbeit.

Den Betroffenen helfen

Es nütze nichts, "ideologisch korrekte Dinge durchzuführen", wenn man am Ende "den Betroffenen nicht geholfen" habe, so Bedford-Strohm. Für ihn sei es "ein sehr wirksamer Weg, dass wir im Gespräch bleiben und für die konkreten Fälle eben doch Lösungen finden". Gerade wenn Asylentscheidungen negativ ausfielen und "nur Textbausteine verwandt wurden", sei es wichtig, den Einzelfall nach allen humanitären und rechtsstaatlichen Erwartungen zu prüfen.

Die Diskussion wurde vom Grünen-Europaabgeordneten Sven Giegold moderiert. Giegold und von Weizsäcker sind Präsidiumsmitglieder des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Sie haben eine von bislang 110.000 Menschen unterzeichnete Online-Petition initiiert, die die 28 EU-Mitgliedstaaten zu Humanität und die Kirchen zu mehr und vernehmbarerem Eintreten für die Menschenwürde auffordert.

Beckstein: Kirchenasyl restriktiver handhaben

Kirchenasyl sollte nach Ansicht des CSU-Politikers Beckstein in Deutschland wieder restriktiver gehandhabt werden. Auf jeden Fall seien Bilder, auf denen Menschen mit Polizeigewalt aus Gotteshäusern geführt werden, unbedingt zu vermeiden, sagte Beckstein im Deutschlandfunk. In jüngster Zeit hätten Fälle von Kirchenasyl wieder zugenommen. Um dem entgegenzuwirken, sollte der Staat für dringend zu entscheidende Asylfälle verstärkt Härtefallkommissionen einsetzen, schlug der CSU-Politiker vor. Auf diese Weise müsse Kirchenasyl nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Aus rechtsstaatlicher Sicht sei Kirchenasyl schwer zu ertragen, erläuterte Beckstein; Kirchen seien nun mal nicht die Wächter des Rechtsstaats. Da aber jene, die Kirchenasyl gewähren, für Werte einträten, für die auch der Staat stehe, habe er vor allem in seiner Zeit als bayerischer Innenminister Kirchenasyl stets respektiert, so Beckstein. Er nannte etwa Solidarität, Menschlichkeit und Menschenwürde.


Quelle:
KNA , DR , epd