Warum christliche Friedensaktivisten in Büchel eingedrungen sind

"Größeres Medienecho als unsere symbolischen Aktionen"

Vor wenigen Wochen sind Friedensaktivisten in den Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel eingedrungen. Dort sollen noch bis zu 20 US-Atomsprengköpfe lagern. Warum diese Aktion und warum sie erwischt werden wollten, erklärt Ariane Dettloff.

Bundeswehr-Aufklärungsflugzeug im Fliegerhorst Büchel  / © Harald Tittel (dpa)
Bundeswehr-Aufklärungsflugzeug im Fliegerhorst Büchel / © Harald Tittel ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie belassen es nicht beim Erinnern und Gedenken an den Hiroshima-Atomwaffenabwurf, sondern sie machen illegale Sachen und wünschen sich, dass Sie dafür angeklagt werden. Wir müssen das jetzt erklären. Was haben Sie am 23. Juli gemacht?

Ariane Dettloff (langjährige Aktivistin in der Friedens- und Anti-Atomkraft-Bewegung): Ich bin mit sechs anderen Friedensfreundinnen zusammen auf die Start und Landebahn in Büchel in der Eifel gegangen, wo die Tornados der Bundeswehr jeden Tag den Atomkrieg üben. Wir wollten diesen Atomkriegsübungsflug etwas behindern. Und das ist uns gelungen.

DOMRADIO.DE: Das ist ja tatsächlich so, dass das natürlich nicht legal ist, wenn man in Büchel in der Eifel eindringt. Wieso wollen Sie denn, dass sie jetzt verhaftet und angeklagt werden?

Dettloff: Wir haben alles Mögliche probiert – ohne große Wirkung. Es ist ja eine Art Verzweiflung, die dahintersteckt. Schließlich gab es auch schon ein Bundestagsbeschluss, dass die US-Atomwaffen abgezogen werden sollen. Es gab auch schon im Koalitionsvertrag der CDU und FDP den Beschluss sich dafür einzusetzen, dass die USA Atomwaffen wegkommen. Aber nichts ist bislang passiert. Der Atomwaffenverbotsvertrag, der vor einem Jahr von den Vereinten Nationen beschlossen wurde, ist verabschiedet worden mit über 125 Staaten – nur die Bundesrepublik Deutschland war zusammen mit den übrigen Nato-Staaten leider nicht dabei.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie denn da eigentlich gemacht auf der Start- und Landebahn?

Dettloff: Wir haben musiziert, es hat jemand Akkordeon gespielt, jemand hat Querflöte gespielt und wir haben gesungen. Das alte Friedenslicht: "We Shall Overcome". Und statt Atombomben haben wir Saat-Bomben geworfen.

DOMRADIO.DE: Warum möchten Sie, dass das geahndet wird. Normalerweise macht man so Aktionen und wünscht sich, dass man nicht erkannt wird und nicht verhaftet wird und rennt dann schnell wieder weg.

Dettloff: Das ist ein Prinzip des gewaltfreien zivilen Ungehorsams, dass man zu solchen Übertretungen auch steht. Und zwar, um auf Dinge aufmerksam zu machen, die nicht in Ordnung sind. Und wir werden mit Sicherheit angeklagt werden. Das haben wir auch angestrebt, um überhaupt Aufmerksamkeit zu erregen, weil wir in Büchel immer wieder gegen die US-Atomwaffen protestieren. Und bisher war die Medienöffentlichkeit sehr begrenzt.

DOMRADIO.DE: Und wenn Sie da jetzt stehen mit ihren Quäker-Kolleginnen und -Kollegen, dann wird darüber berichtet?

Dettloff: Die Übertretung selbst hat jetzt ein viel größeres Medienecho hervorgerufen als unsere symbolischen Aktionen. Wir haben auch schon oft protestiert. Wir haben auch Blockaden der Tore durchgeführt. Das hat in der lokalen Presse ein Echo gefunden. Aber darüber hinaus so gut wie kaum.

DOMRADIO.DE: Ziviler Ungehorsam ist ja immer was, womit man gegen bestehende Regeln verstößt. Was leitet Sie dazu zivilen Ungehorsam zu leisten?

Dettloff: Meine persönliche Betroffenheit teile ich mit sehr vielen. Zum Beispiel sind ja die Chemiewaffen und die Landminen und die biologischen Waffen international geächtet. Nur seltsamerweise die Atomwaffen bisher nicht. Und die Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams hat auch gefragt: "Wie kann es sein, dass eine Gesellschaft das weiterhin duldet, dass solche Massenvernichtungswaffen überhaupt bereitgehalten werden?" Es gab ja auch schon verschiedene Zwischenfälle, wo wir sehr knapp an einem Atomkrieg vorbei geschlittert sind.

DOMRADIO.DE: Sie sind mit der christlich orientierten Gemeinschaft mit – den Quäkern – da gewesen. Haben Sie auch in Ihrem Anliegen von den Kirchen Unterstützung in irgendeiner Form?

Dettloff: Ja die Quäker selbst sind keine Kirche. Aber die Jahresversammlung der Quäker hat auch den zivilen Ungehorsam in Büchel für den Abzug der Atomwaffen unterstützt. Ausdrücklich. Und wir haben hier acht Landeskirchen in Büchel gehabt, die am Jahrestag der Verabschiedung des Atomwaffenverbotsvertrags dort auch Gottesdienste abgehalten haben. Der emeritierte Bischof Heinz Josef Algermissen, Präsident von Pax Christi, hat jetzt auch eine Erklärung für den Abzug dieser Atomwaffen gerade anlässlich des Gedenktages an den Atomen beim Atombombenabwurf auf Hiroshima verabschiedet.

DOMRADIO.DE: Wir müssen noch kurz klären: Es gibt ja immer Menschen, die sagen, die atomare Rüstung dient der Abschreckung und damit werden Kriege verhindert. Wie ist Ihre Position?

Dettloff: Ich denke, dass das leider nicht glaubwürdig ist. Denn es gab schon verschiedene Situationen, wo es haarscharf dran vorbei gekratzt ist, dass diese Atomwaffen eingesetzt worden wären. Das war zuletzt in den achtziger Jahren, als ein russischer Offizier die Meldung seines Computerss, die USA hätten Atomraketen auf Russland abgeschickt, ignoriert hat. Er hat nicht zum Gegenschlag ausgeholt, aber die Nato hat in ihrer Doktrin drinstehen, dass der Ersteinsatz dieser Waffen möglich ist.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR