Ein Kommentar zur Dauerfehde zwischen CDU und CSU

"Gott hat die Fremdlingen lieb"

Ein Chefredakteur hat ja nie richtig Urlaub. Und so radelt Ingo Brüggenjürgen durch die deutschen Landen, schnappt hier eine Nachricht und dort einen Bibelspruch auf. Und kommentiert leicht konsterniert den aktuellen Streit zwischen CDU und CSU.

CSU: "Ihr müsst leider draußen bleiben" (dpa)
CSU: "Ihr müsst leider draußen bleiben" / ( dpa )

Eigentlich habe ich Urlaub. Eigentlich möchte ich abschalten. Frische Luft und Erholung tanken. So radele ich durch meine schöne deutsche Heimat. Als ich in Hannoversch Münden (dort wo Fulda und Werra sich küssen und ihren Namen büßen müssen…;-) mitten durch die historische Altstadt komme, ist es mit dem inneren Frieden erstmal vorbei: "Der Herr euer Gott hat die Fremdlingen lieb das er ihnen Speise und Kleider gebe darum solt ihr auch den Fremdlingen lieben" *MOS* steht da in einen uralten Fachwerkbalken geritzt. Anno 1734 steht daneben auf dem Haus in der Radbrunnenstraße. Schlagartig werde ich daran erinnert, dass der Umgang mit den Fremden also schon vor fast 300 Jahren ein Problem war. Das Zitat, das damals die Zimmerleute ins Holz geschnitzt hatten, stammt aus dem Buch Moses. Aufgeschrieben schon in den Jahrhunderten vor Christus. Zählt man die mündliche Überlieferungstradition hinzu, ist der richtige Umgang mit Fremden im eigenen Land schon seit Jahrtausenden eine Aufgabe, die immer wieder neu gelöst werden will.

Unsere Nachrichten berichten am gleichen Tag von Flüchtlingsbooten, die keiner aufnehmen will. Und vom jüngsten Streit der Schwesterparteien CDU und CSU beim richtigen Umgang mit Flüchtlingen. Es geht um ein Ultimatum des Heimatministers Seehofer. Um die Kanzlerin, die um 14 Tage Zeit bis zum EU-Gipfel bittet. Einmal mehr wird mir deutlich, es geht nicht um eine gute, langfristige Lösung von schwierigen Fragen, sondern nur um eiskalte Machtspielchen. Widerlich – wenn so auf dem Rücken von Schutz- und Asylsuchenden Politik gemacht wird. Deutschland hat keine Außengrenzen, die akut bedroht werden. Flüchtlinge stranden an den Mittelmeerküsten! Der Papst hat recht, wenn er daran erinnert, dass wir nicht wegsehen dürfen und unser beliebtes Bademeer nicht zum Friedhof werden darf.

Ja, liebe CSU, man kann beim rechten Umgang mit den Flüchtlingen ganz unterschiedlicher Meinung sein. Man darf sich als gewählter Politiker auch auf den Auftrag der Wähler berufen und um den rechten Schutz der Bürger bemühen, wenn die denn wirklich bedroht werden. Aber man darf sich bei seiner Abschottungspolitik niemals auf die christliche Botschaft berufen. Denn diese Frohe Botschaft ist bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen ganz klipp und klar: Ob seit Jahrtausenden in Stein gemeißelt, auf Papyrusrollen aufgeschrieben oder in Holzbalken geritzt: "Ich war fremd – und ihr habt mir Heimat gegeben!" Daran kommt auch kein Seehofer oder Söder vorbei, ganz egal, wie viele Kreuze er noch aufhängen lässt. "Ich war nackt – und ihr habt mir Kleidung gegeben. Ich war hungrig und durstig – und ihr habt mir zu essen und zu trinken gegeben!" Diese Worte Jesu kennen selbst die, die nicht jeden Sonntag im Gottesdienst sind. Christen hören die Geschichte von der Flucht aus Ägypten gar in jeder Osternacht. Mag sein, dass es genügend Wählerstimmen gibt, die bei der bayerischen Landtagswahl für die CSU zusammenkommen. Aber auf die Buchstaben "C" und "S" im Parteinamen, die früher einmal für "Christlich Sozial" standen, werden sich nicht mal mehr die Gutgläubigsten verlassen. Liebe CSU, das ist zumindest jetzt genauso sicher, wie das AMEN in der Kirche.


domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © dr (DR)
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Quelle:
DR