Wie das Treffen zwischen Trump und Kim zu bewerten ist

"Ob es historisch ist, wird sich zeigen"

"Historisch" war das dominierende Wort beim Treffen von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Singapur. Wie historisch es ist, werde sich noch zeigen, bremst USA-Experte Klaus Prömpers die aufkeimende Euphorie.

Schulterschluss zwischen Kim Jong Un (l.) und Donald Trump? / © Kevin Lim (dpa)
Schulterschluss zwischen Kim Jong Un (l.) und Donald Trump? / © Kevin Lim ( dpa )

DOMRADIO.DE: Trump ist etwas gelungen, das vor ihm kein US-Präsident geschafft hat. Ist das auch seiner unkonventionellen Art zu verdanken, dass er sich einfach über Ratschläge und langjährige politische Traditionen hinwegsetzt?

Klaus Prömpers (Ehemaliger und langjähriger USA-Korrespondent für das ZDF): Zum Teil ist das sicherlich auch ein Grund dafür, dass dieses Treffen zustande kam. Und auch dafür, dass dieses Treffen jetzt auch einen ersten Erfolg gebracht hat, und zwar mit einer Erklärung zwischen Nordkorea und den USA. Ob man es am Ende als "historisch" bezeichnen kann, das muss man abwarten.

Denn die Frage ist, was wird am Ende des Weges, der heute begonnen worden ist, tatsächlich stehen? Wird es wirklich eine atomwaffenfreie Halbinsel Korea geben? Oder steht am Ende ein Friedensvertrag zwischen Nord- und Südkorea? Bisher gibt es ja nur den Waffenstillstand von 1953. Das alles, was da heute von Nordkoreas Präsidenten und dem amerikanischen Präsidenten unterschrieben wurde, ist bisher noch nicht belastbar. Bisher gibt es die Zusage, jetzt muss weiter verhandelt werden. Und der Präsident der USA schloss nicht aus, es werde notfalls einen weiteren Gipfel geben müssen.

DOMRADIO.DE: Kim soll Trump ja einen sehr warmherzigen Brief geschrieben haben. Das sagt zumindest Trump. Haben die beiden vielleicht in ihrer sehr eigenen Art tatsächlich einen persönlichen Draht zueinander?

Prömpers: Das kann ich mir kaum vorstellen. In der kurzen Zeit dürften sie den kaum entwickelt haben. Auch wenn US-Außenminister Pompeo zweimal bereits in Pjöngjang, in der Hauptstadt Nordkoreas, gewesen ist, um die Gespräche vor Ort zu organisieren. Aber der Vorlauf zu diesem Gipfel war äußerst kurz und knapp und die Beschimpfungen, die dem vorausgingen, lassen eigentlich nicht den Schluss zu, dass es da ein herzliches Verhältnis gibt.

Das ist, glaube ich, sehr pragmatisch. Vom Dealmaker, wie sich Trump gerne nennt, also demjenigen, der Verträge aushandelt, ist das der Versuch, sich im Grunde in das Buch der Geschichte mit einem positiven Ergebnis einzutragen. Ob ihm das gelingen wird, ist noch sehr die Frage. Und auf der anderen Seite muss man darüber nachdenken, ob sich Kim Jong Un mittlerweile in einer verzweifelten Situation befindet.

DOMRADIO.DE: Was hat die beiden dann angetrieben? Trump ist sicherlich nicht der Friedensbewegte, oder?

Prömpers: Davon kann man wirklich nicht ausgehen, wenn man sieht, wie er den Militäretat der USA in den nächsten zwölf Monaten - beginnend ab September - wieder erhöhen wird. Das ist sicherlich nicht der Fall. Er setzt mehr auf Macht als auf Friedenstauben. Was beide getrieben hat, das kann man auch erst in einiger Zeit wirklich beurteilen.

Ich glaube, Trump bewegt sehr stark die Scharte auszuwetzen, die im Jahr 2000 nach den fast erfolgreichen Bemühungen Bill Clintons und Madeleine Albrights, der damaligen US-Außenministerin, an den USA hängen geblieben sind. Es sah alles danach aus, als komme man zu einem Übereinkommen und plötzlich platzte das. Damals lautete es ähnlich. Man wolle demilitarisieren, denuklearisieren, also eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel bauen und auf einmal platzte das alles an Forderungen der Nordkoreaner und an Teilen, die sie dann doch nicht erfüllen wollten. Ob das diesmal genauso ablaufen wird, wissen wir noch nicht. Wir können darauf hoffen, dass es Frieden gibt, aber das ist noch keineswegs gesichert.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn Anzeichen?

Prömpers: Erstaunlicherweise hat Trump zugesagt, die regelmäßig stattfindenden Militärübungen zwischen der südkoreanischen Armee und den in Südkorea stationierten ungefähr 30.000 amerikanischen Soldaten zunächst einmal auszusetzen. Das ist eine der wesentlichen Forderungen von Nordkoreas Diktator. Was kaum besprochen worden war, sind die Menschenrechte. Die liegen nun wirklich sehr im Argen. Man schätzt 130 politische Gefangene in Lagern; ähnlich den KZs der Deutschen in der Nazizeit. Man schätzt zwei bis drei Millionen gestorbene Nordkoreaner in verschiedenen Hungersnöten. Es ist ein Staat, der im Grunde informationstechnisch vollkommen von der Welt abgeschottet ist und wo staatliche Propaganda den Informationsfluss bestimmt und es ausgesprochen schwierig ist, an andere Informationen zu kommen.

DOMRADIO.DE: Wenn es jetzt zur Abrüstung kommen sollte und der Konflikt entschärft werden sollte, wäre das ja wirklich historisch. Nun ist Trump auch recht wankelmütig. Es ist noch nicht lange her, da nannte er Kim den "kleinen Raketenmann". Was muss passieren, damit dieses Treffen jetzt nicht effektlos verpufft, wie Sie vorhin schon gesagt haben?

Prömpers: US-Außenminister Mike Pompeo und ein nordkoreanischer Gegenpart werden in eine Verhandlungsrunde eintreten und versuchen, das, was heute als Willenserklärungen im Grunde niedergelegt worden ist und von beiden Präsident unterschrieben worden ist, substanziell zu unterfüttern. Dabei wird die interessante Frage sein, kommt dabei am Schluss ein internationaler Vertrag heraus? Und wenn ja, wer überprüft dann die Bestimmungen dieses internationalen Vertrages? Soll das die Internationale Atomenergie-Organisation in Wien machen oder wer soll das tun? In irgendeiner Form wird überprüft werden müssen, ob es in Nordkorea zu einem Abbau, Rückbau und zu einer Vernichtung von Nuklearwaffen kommt. Ob es zum "Unschädlich-machen" jener Raketen kommt, die auch das amerikanische Festland erreichen können, all das ist noch vollkommen offen und ungeklärt.

DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie das denn ein?

Prömpers: Gerade, wenn man daran denkt, dass auf der anderen Seite Trump das Iran-Abkommen, was in Wien 2015 geschlossen wurde, um den Iran von Atomwaffen fernzuhalten, gekündigt hat, ist mir ehrlich gesagt noch nicht klar, was praktisch wirklich passieren wird im Ablauf der nächsten Monate und wahrscheinlich auch Jahre. Manchmal muss man denken, wahrscheinlich ist Kim Jong Un in einer verzweifelten wirtschaftlichen Lage. Und er muss sein Land öffnen, damit er wirtschaftlich nicht untergeht und damit nicht wieder eine neue Welle an Hungersnot Menschen dahingerafft. Das könnte einer der Gründe sein, warum er sich öffnet. Vielleicht ist er auch ein wenig unter dem Druck der Chinesen. Die Chinesen werden sicherlich auch eine wesentliche Rolle spielen, die ja auch die Russen schon angekündigt haben, mitspielen zu wollen. Ob es bei einer Zweier-Lösung bleibt oder ob da auch andere eine Rolle spielen werden, wie schon in der Vergangenheit, wird sich zeigen. Es gab ja schon mal Sechser-Gespräche unter Einfluss Südkoreas, Japans, Russlands, Chinas, der USA und Nordkorea. Das ist alles noch vollkommen offen. Und dann bleibt die Frage: Wie wird man es durchsetzen?

Das Interview führte Katharina Geiger.


Klaus Prömpers (privat)
Klaus Prömpers / ( privat )

Singapur: U.S. Präsident Donald Trump (r) und der Machthaber von Nordkorea Kim Jong Un (l)  / © Kevin Lim/The Straits Times (dpa)
Singapur: U.S. Präsident Donald Trump (r) und der Machthaber von Nordkorea Kim Jong Un (l) / © Kevin Lim/The Straits Times ( dpa )
Quelle:
DR