Deutschlands WM-Spieler und ihre Namenspatrone

Von Hieronymus Boateng bis Matthias Hummels

Bundestrainer Joachim "Jogi" Löw und seine 23 Spieler fiebern der Fußball-WM in Russland entgegen. Einwurf von der Mittellinie: Ein Seitenblick auf die Namenspatrone der DFB-Hoffnungen und deren Eigenschaften.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Mesut Oezil und Joshua Kimmich  / © Christian Charisius (dpa)
Mesut Oezil und Joshua Kimmich / © Christian Charisius ( dpa )

Torhüter

Manuel Neuer (32 Jahre alt, FC Bayern München, 75 Länderspiele, 0 Tore): Ein gutes Omen? Der Vorname der deutschen Nummer eins bedeutet "Gott ist mit uns". Sein Namenspatron ist der Märtyrer Manuel (gest. 819), Erzbischof von Adrianopolis in Thrakien, dem heutigen Edirne in der Türkei. Laut der Überlieferung wurde er nach dem Einfall der Bulgaren in der Christenverfolgung unter dem Khan Krum gefangengenommen und später hingerichtet. Einer Quelle zufolge wurden Manuel zuerst beide Hände abgehackt. Das wäre deutlich schlimmer als der ausgeheilte Mittelfußbruch des Weltmeisters von 2014.

Marc-Andre ter Stegen (26, FC Barcelona, 19/0): Die deutsche Nummer zwei im Tor hält gleich mehrere prominente Heilige im Namen. Johannes Markus (gest. um 67) ist ein Märtyrer und Evangelist, also Verfasser der Frohen Botschaft. Andreas war einer der Jünger Jesu und der Bruder des Petrus. Auch er starb um 60 als Märtyrer, gekreuzigt. Der gebürtige Mönchengladbacher ter Stegen hat sich seinen Stammplatz beim FC Barcelona hart erkämpft. Unter Löw zurückgestellt, hält nun vielleicht die Vielzahl der Heiligen mit Namen Markus und Andreas mit ihm.

Kevin Trapp (27, Paris Saint-Germain, 3/0): Der heilige Kevin von Glendalough oder auch "Kevin von den Engeln" (gest. 618) ist auch der Patron der irischen Hauptstadt Dublin. Der Klostergründer war ein großer Freund der Vögel. Ob er so gut fliegen konnte wie der Keeper des französischen Meisters Paris Saint-Germain, ist nicht überliefert.

 

Verteidigung

Jerome Boateng (29, FC Bayern München, 70/1): Der spätantike Theologe Sophronius Eusebius Hieronymus (347-420) war ein begnadeter Verteidiger und Aufbauspieler - und zwar der christlichen Lehre. Belesener und wohl auch noch asketischer als der modebewusste Bayern-Star, zählt der Kirchenvater zu den fleißigsten Autoren des frühen Christentums. Hieronymus' Karriere endete in Bethlehem. "Geronimo!" gilt bis heute als Schlachtruf - allerdings in Erinnerung an den gleichnamigen, widerständigen Apachen-Häuptling (1829-1909).

Matthias Ginter (24, Borussia Mönchengladbach, 17/0) und Mats Hummels (29, FC Bayern München, 63/5): Zwei Abwehrspieler, ein Namenspatron - oder sind es doch zwei? Zur Auswahl stehen der Apostel, Evangelist, Missionar und Märtyrer Matthäus, unter anderem Patron der Finanz- und Steuerbeamten, wie auch der Apostel und Märtyrer Matthias (gest. um 63), seines Zeichens Patron der Zimmerleute und Schmiede. Letzteres klingt plausibler für die deutschen Abwehrrecken.

Jonas Hector (27, 1. FC Köln, 37/3): Natürlich, Hektor ist ein Held und griechischer Mythos. Doch hier geht es um Namenspatrone - und da kommt Jona zum Zug, der biblische Prophet, der von einem Wal verschluckt wurde und der Stadt Ninive - wegen Fehlverhaltens - den Untergang voraussagen sollte. Immerhin: Jona kann göttliche Befehle ausführen.

Joshua Kimmich (23, FC Bayern München, 28/3): Der deutsche Rechtsverteidiger ist keineswegs lahm. Genau wie sein biblischer Namenspatron Josua, der um das Jahr 1200 vor Christus lebte und seinem Volk in der Schlacht voranging. Nach dem Tod des Mose war er sozusagen Mannschaftskapitän Israels und führte es ins Gelobte Land. Und die beste Nachricht für eine 32er-WM: Josua besiegte 31 Könige mit ihren Völkern.

Marvin Plattenhardt (26, Hertha BSC, 6/0): Wie der Linksverteidiger von Hertha BSC im Nationalteam, so ist auch ein heiliger Marvin noch wenig bekannt. Experten gehen davon aus, dass der im angelsächsischen Raum häufige Vorname von dem entsprechenden Familiennamen und vom walisischen «Merfyn» abgeleitet ist.

Antonio Rüdiger (25, FC Chelsea, 24/1): Den Abwehrmann aus London zeichnet seine Vielseitigkeit aus. Sein Namenspatron ist der heilige Antonius von Padua (um 1195-1231), ein wort- und wirkmächtiger Franziskaner. Antonius wird als Helfer bei verlorenen Dingen angerufen. Möge er seinen Teil beitragen zu möglichst wenigen verlorenen Bällen, Zweikämpfen und WM-Spielen.

Niklas Süle (22, FC Bayern München, 10/0): Der 1,95-Meter-Hüne haut sich immer rein. Auch sein Namenspatron, der populäre Bischof Nikolaus von Myra (270/86-343/51) in der heutigen Türkei, hat die Jugend auf seiner Seite. Er ist ein "Hyperhagios" (Überheiliger) mit vielen Jobs; unter anderem ist er Patron der Manager/Händler, der Schnapsbrenner und der Steinbrucharbeiter. Und: Er wird als Helfer in allen Nöten angerufen.

 

Mittelfeld/Angriff

Julian Brandt (22, Bayer 04 Leverkusen, 15/1) und Julian Draxler (24, Paris Saint-Germain, 43/6): Die beiden jungen Mittelfeldspieler sind vor allem für ihre technischen Fertigkeiten geschätzt. Gefragt sind in Russland aber auch Kämpferqualitäten. Nicht weniger als fünf prominente Julians starben in der Spätantike als Märtyrer; dazu kommen der frühmittelalterliche Heilige Julianus Hospitator ("der Arme") und Julian, der erste Bischof von Le Mans.

Mario Gomez (32, VfB Stuttgart, 74/31): Der klassische Stoßstürmer hat einen Schweizer Bischof als Namenspatron. Marius von Avenches (um 530/531-594) war Geschichtsschreiber, Verherrlicher des Kaisertums und erster Bischof von Lausanne. Ästhetisch begabt, betätigte er sich auch als Goldschmied und veredelte, was ihm andere vorlegten.

Leon Goretzka (23, FC Schalke 04/FC Bayern München, 15/6): Papst Leo I. (um 400-461) leitete die Kirche zur Zeit der Völkerwanderung, als das römische Reich zerbrach und innerkirchlich harte Auseinandersetzungen um den rechten Glauben tobten. Der brillante Denker Leo wird auch "der Große" genannt. Dass er auch ein Großer werden kann, könnte der künftige Bayer Goretzka nun bei der WM in Russland beweisen.

Ilkay Gündogan (27, Manchester City, 25/4): Der türkische Vorname Ilkay bedeutet übersetzt "Neumond" oder "erster Monat". Eine Patronage steckt da nicht drin - eher schon in der umstrittenen Wahlkampfaktion mit dem türkischen Präsidenten Erdogan vor einigen Wochen.

Sami Khedira (31, Juventus Turin, 74/7): Auch der Deutsch-Tunesier Khedira ist Muslim. Der arabische Vorname Sami bedeutet "der Erhabene". Das passt zu seinen Meriten bei Juventus und im Nationaldress, aber auch zu Khediras sozialem Engagement.

Toni Kroos (28, Real Madrid, 82/12): Wie Teamkollege Rüdiger hat der Regisseur von Real Madrid den heiligen Antonius von Padua als Patron (s. o.). Der predigte und redete ganz viel, zur Not auch zu den Fischen. Das muss Kroos als Dreh- und Angelpunkt im deutschen Spiel ebenfalls tun.

Thomas Müller (28, FC Bayern München, 90/38): "Müller spielt immer", hieß es beim FC Bayern unter Trainer Louis van Gaal. Der Namenspatron des WM-Torschützenkönigs von 2010, der Apostel Thomas (gest. um 72), gehörte schon unter Jesus zu den ersten Zwölf - auch wenn er mitunter seine Zweifel hatte. Der Name Thomas bedeutet im Aramäischen "Zwilling" - dabei ist Müller unvergleichlich.

Mesut Özil (29, FC Arsenal, 90/23): Auch der Linksfuß vom FC Arsenal ist Muslim und braucht mithin keinen Namenspatron. Der Name Mesut ist arabischer Herkunft und heißt so viel wie "glücklich". Schauen wir noch mal am 15. Juli, dem WM-Finaltag.

Marco Reus (28, Borussia Dortmund 30/9): Der Verletzungspechvogel der Nation darf endlich ein großes Turnier spielen. Dass der Vorname des BVB-Flügelflitzers auf den Märtyrer Johannes Markus (s. Marc-Andre Tersteegen) zurückgeht, passt da gut ins Bild. Seine Tore könnten in Russland zum Evangelium werden.

Sebastian Rudy (28, FC Bayern München, 25/1): Und wieder ein Märtyrer. Der Namenspatron Sebastian (gest. um 288) war ein römischer Soldat und Helfer, der wegen seines Glaubens von Bogenschützen durchbohrt wurde. Doch er starb nicht, wurde gesund gepflegt, startete ein Comeback und wurde schließlich mit Keulen erschlagen. Immerhin: Sebastian ist der Patron der Schützen geworden.

Timo Werner (22, RB Leipzig 13/7): Der heilige Timotheus war ein treuer Mitarbeiter des Paulus und erster Bischof von Ephesus in der heutigen Türkei. Den RB Leipzig gab es damals noch nicht. So wirkte er in den griechischen Städten Beröa, Athen und Thessaloniki, in Korinth und schließlich in Ephesus. Eine Bauernregel lautet: "Timotheis, / der bricht das Eis; / hat er keins, / dann macht er eins."

 

Trainer

Joachim Löw (58, DFB, 161 Länderspiele als Bundestrainer, 0 Tore): Ist Jogi eine Vaterfigur für sein Team? Sein Namenspatron Joachim war laut apokryphen Überlieferungen der Vater Marias und somit der Großvater Jesu. Der "Vorfahr Gottes" wird als reicher und frommer Mann beschrieben, der regelmäßig den Armen spendete. Seine Attribute sind eine Schaufel sowie Opfertiere.


Die deutsche Mannschaft auf dem Trainingsgelände / © Christian Charisius (dpa)
Die deutsche Mannschaft auf dem Trainingsgelände / © Christian Charisius ( dpa )

Mario Gomez und Timo Werner / © Marius Becker (dpa)
Mario Gomez und Timo Werner / © Marius Becker ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema