UNHCR sieht "Anker-Zentren" in Deutschland kritisch

Quell der Frustration

Der Repräsentant des UN-Flüchtlingskommissariats in Deutschland, Dominik Bartsch, hat sich skeptisch zu den geplanten Asyl- und Abschiebezentren geäußert. Diese führten lediglich zu Frustration und Konflikten, so Bartsch.

Abgelehnte Asylbewerber in Rheinmünster / © Patrick Seeger (dpa)
Abgelehnte Asylbewerber in Rheinmünster / © Patrick Seeger ( dpa )

"Grundsätzlich ist der Ansatz, dass die Verfahren gebündelt an einem Ort stattfinden, natürlich positiv, weil es sie beschleunigt", sagte Bartsch dem Berliner "Tagesspiegel" am Montag. Zugleich betonte er aber, dass die Unterbringung aller Asylbewerber in den sogenannten Anker-Zentren vom UNHCR kritisch gesehen werde: "Wenn Menschen mit unterschiedlichsten Bleibeperspektiven an einem Ort konzentriert werden, führt das zu Frustration und Konflikten", sagte der höchste Vertreter des UN-Flüchtlingskommissariats in Deutschland.

Juristische Beratung für Asylbewerber

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte kürzlich die Einrichtung sogenannter Anker-Zentren für Flüchtlinge angekündigt. Bis zum Herbst sollen bis zu sechs derartige Einrichtungen in Deutschland getestet werden. In den Zentren sollen Asylverfahren vollständig abgewickelt werden. Junge Männer sollen dafür in der Regel bis zu 18 Monate dort bleiben. Familien können nach sechs Monaten die Einrichtungen verlassen.

Wichtig sei, dass unabhängige juristische Berater Zugang zu den geplanten Anker-Zentren bekommen, um Asylbewerber für ihre Verfahren qualifiziert beraten zu können, betonte Bartsch. "Was da neuerdings als Abschiebungsverhinderungs-Industrie diffamiert wird, bedeutet doch zum Beispiel, dass man den Menschen das Asylverfahren frühzeitig erklärt, sie auf ihr erstes Interview vorbereitet, ihnen klarmacht, dass sie besondere Lagen - etwa sexuelle Gewalt, die sie auf der Flucht erleben - frühzeitig berichten, für das Asylverfahren, aber auch, damit ihnen möglichst sofort geholfen wird." Eine Beratung verkürze die Verfahren. In der Schweiz und den Niederlanden gebe es damit schon Erfahrungen.

Einfache Vorschriften für Familiennachzug

Auch zum Thema Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge äußerte sich der UN-Experte kritisch. "Wir sind mit der Kontingentierung weiter nicht einverstanden." Wenn künftig pro Monat 1.000 Menschen nachziehen dürften, könne das helfen, die allerschlimmsten Familienschicksale zu mildern. "Wir befürchten aber, dass wir praktisch an diese Zahl nicht herankommen werden, wenn die Verwaltung keine einfachen Vorschriften für die praktische Umsetzung bekommt."

So sollten Familien mit minderjährigen Kindern zuerst berücksichtigt werden. Danach sollten die Anträge in der Reihenfolge der Wartezeit seit Stellung des Asylantrags geprüft werden. Der seit Frühjahr 2016 ausgesetzte Familiennachzug für Flüchtlinge mit untergeordnetem Schutzstatus soll laut Kabinettsbeschluss ab August wieder möglich sein. Allerdings soll dieser auf 1.000 Angehörige pro Monat begrenzt werden.


Quelle:
epd
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