Bayerische Wissenschaftsministerin rudert bei Kritik an Kreuzerlass zurück

"Ich stehe klar zum Kabinettsbeschluss"

Nach ihrer ersten Kritik hat sich Wissenschaftsministerin Marion Kiechle klar zum Kreuzerlass des Kabinetts bekannt. Unterdessen reißt die Kritik an der Kreuz-Pflicht unter Politikern und Kirchenvertretern nicht ab.

Kreuz an der Wand / © Harald Oppitz (KNA)
Kreuz an der Wand / © Harald Oppitz ( KNA )

In einer Erklärung Kiechles vom Samstagabend heißt es wörtlich: "Ich stehe klar zum einstimmigen Beschluss des bayerischen Kabinetts, ein Kreuz in den bayerischen Behörden anzubringen, weil das Kreuz für die christliche Tradition Bayerns steht." Am Freitagabend hatte Kiechle in der Talkshow "3 nach 9" den Beschluss noch als "keine besonders kluge Idee" bezeichnet. Allerdings müsse man erst einmal auf die konkreten Ausführungsbestimmungen warten.

Es sei schon richtig, dass das Kreuz auch ein "Symbol unserer Kultur" sei, hatte sie ergänzt. Aber es gebe natürlich auch Menschen, die sich nicht vorschreiben lassen wollten, irgendetwas aufzuhängen. In ihrem Ministerium hänge schon ein Kreuz und auch in ihrem Zimmer, betonte Kiechle, die erst vor kurzem in die CSU eingetreten ist. Sich selbst bezeichnete die 58-Jährige in der Talkshow als "gläubig", auch wenn sie keiner Kirche angehöre.

Kiechle ist Gynäkologin und Hochschullehrerin. Seit 2001 ist sie Vorsitzende der Bioethik-Kommission der Bayerischen Staatsregierung, seit 2002 stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Ethikkommission für Stammzellforschung. Söder berief sie im März in sein Kabinett als Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst.

Lindner: Söder hat Kreuz von christlicher Bedeutung getrennt

Unterdessen reißt die Kritik an der Kreuz-Pflicht in bayerischen Behörden nicht ab. FDP-Chef Christian Lindner warf Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Wochenende eine Entwürdigung des Kreuzes vor. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) betonte, das Kreuz als christliches Symbol dürfe nicht Gegenstand staatlicher Verordnung werden. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) kritisierte eine Ausgrenzung von Millionen Andersgläubiger. Auch Vertreter der evangelischen Kirche äußerten sich am Wochenende kritisch.

Lindner sagte der "Passauer Neuen Presse" (Samstag), Feinde der Religion seien nicht die Kritiker von Söder, Feind der Religion sei Söder selbst. Denn er habe das Kreuz zu einem Symbol der Kultur und der Staates hierzulande erklärt, habe es damit profanisiert und von seiner christlichen Bedeutung getrennt. Zuvor hatte CSU-Generalsekretär Markus Blume die Kritiker der bayerischen Kabinettsentscheidung, dass in allen bayerischen Behörden Kreuze hängen sollen, als Religionsfeinde bezeichnet.

Roth: Söder grenzt Muslimen, Atheisten und Juden aus

Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Roth, sagte, Söder instrumentalisiere nicht nur eine Religion, sondern grenze auch Millionen Muslime, Atheisten und Juden aus. Er mache "einen riesengroßen Fehler, wenn er glaubt, dass die Rückgewinnung der absoluten Mehrheit jedes Mittel heiligt", sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Montag). Der Ministerpräsident missbrauche das Kreuz für seinen Wahlkampf und vermische bewusst Religion und Politik. "Das finde ich in hohem Maße unchristlich, unanständig sowieso", sagte Roth.

Die Reformationsbotschafterin der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, sagte am Sonntag in Heidelberg: Ein "Irrsinn mag dieses Kreuz den Menschen sein, aber es ist eben gerade kein Zeichen von Macht, Herrschaft und Durchsetzungsvermögen". Vielmehr sei das Kreuz ein Zeichen von "Ohnmacht, Leid und dem Schrei nach Barmherzigkeit". "Das müsste auch der evangelische Christ Markus Söder wissen."

Thierse: Kreuz darf kein Gegenstand staatlicher Verordnung werden

Der Katholik Thierse kritisierte ebenfalls den bayerischen Kabinettsbeschluss. Das Kreuz dürfe nicht Gegenstand staatlicher Verordnung werden, sagte Thierse, der auch dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angehört. Er verstehe zwar, dass Markus Söder das Kreuz als Zeichen der Identität sehen wolle, sagte er im RBB-Inforadio. Dies rechtfertige jedoch nicht, es in den Zusammenhang eines Wahlkampfes zu rücken.

Unterdessen geriet in München Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) in die Kritik, weil sie auf offiziellem Briefpapier einen katholischen Hochschulpfarrer wegen dessen Kritik an dem Kreuz-Beschluss anging.

Die bayerische Staatsregierung hatte in ihrer Kabinettssitzung am vergangenen Dienstag die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats geändert. Demnach muss ab 1. Juni im Eingangsbereich aller staatlichen Dienstgebäude als Ausdruck der "geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns" deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung angebracht werden. Diese Anordnung hat in den vergangenen Tagen bereits für teils scharfe Kritik von Juristen, Parteien und Kirchenvertretern gesorgt.


Quelle:
KNA , epd