Reaktionen auf Kreuze in bayerischen Dienstgebäuden

Lob und deutliche Warnungen

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte es angekündigt und das Kabinett im Freistaat hat nun Fakten geschaffen: In Dienstgebäuden des Bundeslandes sollen Kreuze aufgehängt werden. Die ersten Reaktionen fallen unterschiedlich aus.

Kreuz an der Wand / © Harald Oppitz (KNA)
Kreuz an der Wand / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte im Radiosender Bayern2, er begrüßte die Entscheidung des Kabinetts zwar grundsätzlich. Für ihn komme es aber auf die Deutung des Kreuzes an: "Alle Menschen, die das Kreuz anschauen, verpflichten sich, das zu leben und voranzubringen, was das Kreuz bedeutet."

Nicht für politische Zwecke missbrauchen

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte die Anordnung, warnte aber zugleich davor, das Kreuz für politische Zwecke zu missbrauchen. Ein Kreuz an der Wand sei auch eine Selbstverpflichtung, sagte der bayerische Landesbischof am Dienstagabend im Bayerischen Fernsehen. Hänge man Kreuze auf, müsse man auch den Inhalt des Kreuzes ernst nehmen.

"Dieser Inhalt steht für Menschenwürde, steht für Nächstenliebe, steht für Humanität", so der Theologe.

Bedford-Strohm sagte, er wolle sich nicht zu parteipolitischen Fragen äußern: "Was aber ganz klar ist, dass niemand ein religiöses Symbol wie das Kreuz für politische Zwecke missbrauchen darf", sagte der Landesbischof. Gottes Sohn sei am Kreuz als Folteropfer gestorben. "Wenn wir das ernst nehmen, sind wir an der Seite derer, die heute verletzlich sind", sagte der Landesbischof.

ZdK äußert sich kritisch

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußerte sich im Bayerischen Rundfunk ebenfalls kritisch. Er habe "im Prinzip nichts gegen Kreuze in Dienstgebäuden", sagte er. Man müsse sich aber schon die Frage stellen, welchen Sinn sie eigentlich haben sollten.

Der Bochumer katholische Theologe Georg Essen hat den Beschluss des bayerischen Kabinetts zum Aufhängen von Kreuzen in Dienstgebäuden des Freistaats heftig kritisiert. "Ich dachte, dass das Kreuz ein christliches Symbol für die Erlösung ist, die durch Gott geschenkt wird", schreibt der Professor für Dogmatik an der Uni Bochum auf Twitter.

Dass die bayerische Landesregierung das Aufhängen von Kreuzen als "sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland" bezeichne, sei eine Instrumentalisierung und "eine veritable Häresie", also eine Irrlehre.

Wie reagieren die Kirchen?

Essen schreibt weiter, er sei gespannt, wie die christlichen Kirchen auf die Ankündigungen aus München reagierten. "Wenn sie theologisch auch nur einigermaßen bei Trost sind, sollten sie dieser Instrumentalisierung des Kreuzes zum ausgrenzenden Identitätsmarker energisch widersprechen."

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Dienstag nach einem entsprechen Beschluss des Kabinetts erklärt, das Kreuz sei grundlegendes Symbol "unserer bayerischen Identität und Lebensart". Es stehe für elementare Werte wie Nächstenliebe, Menschenwürde und Toleranz. Im Anschluss an die Sitzung brachte Söder auch ein Kreuz im Eingangsbereich der Bayerischen Staatskanzlei an.

Der Beschluss soll ab 1. Juni gelten. Gemeinden, Landkreisen und Bezirken wurde empfohlen, entsprechend zu verfahren.

Kirchenrechtler hält Kreuz-Pflicht für "heiklen Grenzfall"

Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig hält die bayerische Anordnung zum Aufhängen von Kreuzen in allen Landesbehörden unterdessen für problematisch. Evident verfassungswidrig sei die Entscheidung des Kabinetts von Ministerpräsident Markus Söder nicht, sagte der Göttinger Experte für Staatskirchenrecht dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Sie berühre aber die Verpflichtung des Staates zur religiös-weltanschaulichen Neutralität und stelle daher "einen heiklen Grenzfall" dar, argumentierte der Universitätsprofessor. Zudem sieht der Verfassungsrechtler einen Versuch, eine Religion zu vereinnahmen.

Religionspolitisch wäre zu fragen, "ob dort nicht ein Glaubenssymbol auf problematische Weise politisch instrumentalisiert wird", sagte Heinig. "Jedenfalls droht seine Banalisierung", warnte der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht habe in der Vergangenheit hervorgehoben, dass das Kreuz gerade nicht nur auf kulturelle Prägungen, sondern auf den Kern des christlichen Glaubens verweise und der Staat sich diese Dimension nicht zu eigen machen dürfe.

Heinig sagte, das Bundesverfassungsgericht habe mehrfach entschieden, dass Bezüge des Staates auf die kulturgeschichtlichen Prägekräfte des Christentums statthaft seien. "Eine objektiv-rechtliche Grenze ist erreicht, wenn sich der Staat mit einer bestimmten Religion identifiziert", erklärte er weiter.

Das sei nach der zum Ausdruck gebrachten Intention in Bayern nicht der Fall, sagte der Jura-Professor. Das Kreuz in bayerischen Dienstgebäuden soll Söder zufolge ein "sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung" in Deutschland sein. Heinig gab aber zu bedenken, von Dritten könnte eine Identifikation des Staates mit dem Christentum wahrgenommen werden.


Kreuz in der Schule / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Kreuz in der Schule / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )
Quelle:
KNA , epd