Südafrikas skandalträchtige "Mutter der Nation"

Winnie Madikizela-Mandela gestorben

Winnie Madikizela-Mandela war mehr als nur die Frau des früheren südafrikanischen Präsidenten. Als unnachgiebige Aktivistin musste auch sie für ihren Kampf gegen die Apartheid mehrmals ins Gefängnis. Doch danach stürzte die Heldin tief.

Autor/in:
Benjamin Dürr
Winnie Mandela, Politikerin und ehemalige Ehefrau von Freiheitskämpfer Nelson Mandela (dpa)
Winnie Mandela, Politikerin und ehemalige Ehefrau von Freiheitskämpfer Nelson Mandela / ( dpa )

Ein Foto machte sie zu einer Ikone des 20. Jahrhunderts: Im Februar 1990 marschiert Nelson Mandela in Südafrika aus dem Gefängnis in die Freiheit, die Faust in den Himmel gestreckt. An seiner Seite, Hand in Hand: Winnie Madikizela-Mandela, seine Frau. Während Nelson Mandela 27 Jahre lang für die Weltöffentlichkeit unsichtbar in einer Gefängniszelle saß, war sie sein Sprachrohr und gab ihm ein Gesicht. Winnie Mandela war eine der wenigen, die ihn auf der berüchtigten Gefängnisinsel Robben Island besuchen durfte. Als selbstständige, unnachgiebige Aktivistin gegen die Rassentrennung wurde sie selbst als "Mutter der Nation" gefeiert - einen Ruf, den sie wegen ihrer Skandale und radikalen Auffassungen jedoch nach Ende der Apartheid verlieren sollte. Nun ist Winnie Madikizela-Mandela im Alter von vermutlich 81 Jahren gestorben.

Politisch aktiv während ihr Mann im Gefängnis saß

Geboren, je nach Quelle, 1934 oder 1936, legte sie 1956 als erste schwarze Frau ihr Examen als Sozialarbeiterin ab. Während ihrer Arbeit in einem Krankenhaus in Johannesburg wurde sie politisch aktiv. Sie trat 1958 dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) bei und heiratete im selben Jahr den ANC-Aktivisten Nelson Mandela, der sich zu der Zeit wegen Landesverrats vor Gericht verantworten musste und später zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Während ihr Mann im Gefängnis saß, wurde Winnie Mandela immer aktiver: Sie wehrte sich gegen die Schikanen des Apartheid-Regimes und führte beim Aufstand von Soweto 1976 eine Elternvereinigung an. Gemeinsam mit Schülern protestierte sie im Schwarzenviertel von Johannesburg gegen den Zwang, Afrikaans, die Sprache der Weißen, zu lernen. Für ihren Einsatz gegen die Rassentrennung landete sie mehrmals hinter Gittern. "Die Jahre im Gefängnis haben mich abgehärtet", sagte sie einmal. Sie habe keine Angst mehr. "Es gibt nichts, was die Regierung mir nicht angetan hat, es gibt keinen Schmerz, den ich nicht kenne."

Weltweit für Mut, Willenskraft und Stärke geachtet

Innerhalb des ANC, aber auch weltweit, wurde sie für ihren Mut, ihre Willenskraft und Stärke geachtet. Winnie Mandela wurde unter anderem Vorsitzende des Frauenflügels der Organisation. Südafrikaner nannten sie "Mama Wetu", Mutter der Nation. Immer deutlicher jedoch wurde auch ihre andere Seite: Ende der 1980er Jahre sorgte Winnie Mandela für Aufregung, weil sie die brutalen Morde an mutmaßlichen Kollaborateuren mit dem Apartheid-Regime befürwortete. Ihnen wurden mit Benzin übergossene Autoreifen um den Hals gehängt, so dass die Opfer lebend verbrannten. "Mit unseren Streichholzschachteln und Halskrausen werden wir das Land befreien", rief sie auf einer Veranstaltung 1987. Wenig später geriet sie in die Schlagzeilen, weil das von ihr gegründete "Mandela United Football Team", dessen Mitglieder ihr als Leibwächter dienten, verdächtigt wurde, in Fälle von Entführung, Körperverletzung, Kindesmisshandlung, Vergewaltigung und Mord verwickelt zu sein. Ob Winnie Mandela direkt am Mord eines schwarzen Jugendlichen beteiligt war, blieb unklar. Sie wurde wegen Entführung und Beihilfe zu Körperverletzung verurteilt und verlor in den Jahren darauf ihre politischen Ämter.

Nelson Mandela trennte sich 1992

1992 gab Nelson Mandela die Trennung von seiner Frau bekannt. Nach 38 Jahren Ehe, von denen er 27 im Gefängnis saß, hatten sich die beiden entfremdet. Er wusste offenbar von den militanten Auffassungen seiner Frau. Aus dem Gefühl heraus, in ihrer Schuld zu stehen, sei er aber lange blind gewesen, erklärte er später. Er habe gedacht, nach seiner Freilassung werde alles gut. Nachdem ihr heftiger Gegenwind entgegengeschlagen, ihr Haus in Brand gesteckt und sie gerichtlich dazu verpflichtet worden war, den Nachnamen ihres Ex-Mannes nur zusammen mit ihrem Mädchennahmen Madikizela zu tragen, rappelte sie sich bereits 1993 zu einem überraschenden politischen Comeback auf. Sie war Parlamentsabgeordnete und noch einmal Vorsitzende der ANC-Frauenliga. 2003 wurde sie wegen Betrugs und Diebstahls zu fünf Jahren Haft verurteilt. Sie soll Bankkredite von mehreren Zehntausend Euro erschlichen haben. Nelson und Winnie Mandela waren das Traumpaar des Widerstands gegen das brutale Apartheid-Regime. Doch während er Südafrika einte, hat sie die Menschen gespalten.


Quelle:
epd