Vatican News zur Wahl in Italien

Mit Rosenkranz zur Wählerstimme

Eher rechts oder eine GroKo auf italienisch? Der Wahlausgang in Italien scheint unsicher. Journalist Mario Galgano von Vatican News erzählt im Interview, dass die Politiker sich sogar mit Bibel und Rosenkranz schmücken, um Stimmen zu fangen.

Mit Rosenkranz zur Wählerstimme / © Melina Mejia (dpa)
Mit Rosenkranz zur Wählerstimme / © Melina Mejia ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der L‘Osservatore Romano, die Vatikan-Zeitung, hat geschrieben, die wichtigsten Aufgaben einer neuen Regierung seien der Dialog mit den europäischen Nachbarn und die Wiederherstellung von Vertrauen. Warum ist dieses Vertrauen verloren gegangen?

Mario Galgano (Vatican News): Im politischen Bereich ist in den vergangenen Monaten sehr viel zerbrochen und gestritten worden. Es herrschte eine richtig negative Stimmung. Es geht wirklich darum, dass man untereinander wieder Vertrauen schöpfen kann. Vor allem auch gegenüber anderen Gesprächspartnern, gerade was Europa betrifft. Das war eines der Themen des Wahlkampfes, dass auf eine negative Art und Weise angesprochen wurde. Die zwei Blöcke, die eher antieuropäisch bzw. gegen die EU eingestellt sind, scheinen mehr Stimmen zu erhalten – genau aus dem Grund. Aus katholischer Sicht will man das wieder etwas zurückbiegen und sagen, dass es so nicht geht, so negativ gegenüber Europa und auch gegenüber den Menschen eingestellt zu sein.

DOMRADIO.DE: Wie geht man sonst im Vatikan und der italienischen Kirche mit der Wahl um. In Deutschland gibt es immer Wahlaufrufe der Bischofskonferenz, gibt es so etwas auch in Italien?

Galgano: Eigentlich nicht. Hier ist es so, dass die Parteien versuchen die katholischen Stimmen zu gewinnen. Von Seiten der Bischöfe, der Bischofskonferenz und auch vom Vatikan her, wird schon sehr darauf geachtet, dass man keine konkreten Wahlempfehlungen oder Orientierungshilfen abgibt.

DOMRADIO.DE: Aber die katholischen Wähler sind doch wichtig, um eine Mehrheit zu gewinnen, oder?

Galgano: Absolut. Darum ist es ja so, dass die Parteien oder auch Wahlblöcke die katholischen Stimmen zu gewinnen. Das hat sogar zu ganz skurrilen Aufführungen geführt. Zum Beispiel hat der Lega-Chef, Matteo Salvini, auf die Bibel geschworen und den Rosenkranz gezeigt. Er äußert sich auf der anderen Seite ganz klar gegen Papst Franziskus. Da gab es noch weitere, ähnliche Veranstaltungen gleicher Art. Diese Art von Wahlaufrufen kommen also von den Politikern selber.

DOMRADIO.DE: Die Ergebnisse werden erst morgen früh erwartet. Es heißt, kein Lager komme in die Nähe von 50 Prozent. Was passiert, wenn es keine Mehrheit gibt?

Galgano: Das ist eine gute Frage. Dann wird es ähnlich wie in Deutschland Koalitionsgespräche geben, hier wird das etwas dauern. Das Problem ist, es gibt nicht nur zwei, sondern drei Blöcke in Italien, die gute Chancen auf viele Stimmen haben. Insgesamt macht es das schwierig, wenn es für alle um die 30 Prozent wird – das ist natürlich viel zu wenig.

Es sieht ein bisschen danach aus, als ob zunächst abgewartet wird, um schließlich ein neues Wahlgesetz durchzubringen. Ein Gesetz, das beinhaltet, nochmal wählen zu gehen. Das wäre dann auch eine Option; generell ist sehr ungewiss, was kommen wird. Viele Italiener denken, dass sich die Blöcke im Vorfeld schon abgesprochen haben. Es gab einige Geschichten davon in den italienischen Medien, die Politiker haben es natürlich abgestritten. Das gegenwärtige Wahlsystem in Italien ist da sehr ungenau.

DOMRADIO.DE: Silvio Berlusconi ist wieder da, er war schon mehrfach Ministerpräsident, ist inzwischen über 80, skandalumwittert und verurteilt auch wegen Steuerhinterziehung. Warum kann er wieder so stark auf der politischen Bühne sein?

Galgano: Auf der einen Seite ist er für einige immer noch ein Star. Auf der anderen Seite ist er wie so ein Garant. Er wird sicherlich nicht Ministerpräsident, das kann man sagen. Allein aus juristischen Gründen geht das nicht. Ein Verurteilter kann in Italien nicht Ministerpräsident werden. Er hat sich eher als eine Art Fußballtrainer der neuen Regierung angeboten. Vielleicht würde er sich so bezeichnen, als einer, der die Regierung etwas führt. Er symbolisiert Stabilität. Eine Figur zu haben, der "Vater der Nation", ist für viele Menschen wichtig. Das ist daher ein Argument für einige Menschen, seine Partei zu wählen.

Das Gespräch führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR