SPD-Vorstandsmitglied zum Mitgliederentscheid

"SPD muss Reform-Motor der Regierung sein"

"Mit 66 Prozent ist das Ergebnis sehr deutlich ausgefallen", so SPD-Vorstandsmitglied Kerstin Griese. Darüber freut sie sich, sieht aber trotzdem Handlungsbedarf im Interreligiösen Dialog.

Schatzmeister Dietmar Nietan (l) und Olaf Scholz, stellvertretender SPD-Vorsitzender / © Michael Kappeler (dpa)
Schatzmeister Dietmar Nietan (l) und Olaf Scholz, stellvertretender SPD-Vorsitzender / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie groß ist der Stein, der Ihnen heute vom Herzen fällt?

Kerstin Griese (SPD-Vorstandsmitglied): Der ist schon sehr groß. Das ist eine deutlichere Zustimmung, als ich erwartet habe. Mit 78 Prozent der Parteimitglieder ist auch die Beteiligung riesengroß. Das ist großartig!

DOMRADIO.DE: Auf der anderen Seite hat ein Drittel der Partei gegen Ihren Kurs als Parteivorstand gestimmt. Da wird es sicher auch noch Diskussionen geben, oder?

Griese: Wir hatten ja einen intensiven Diskussionsprozess im Vorhinein, nach dem ich weniger Zustimmung erwartet hätte. Mit 66 Prozent ist das Ergebnis sehr deutlich ausgefallen. Schon die letzten Wochen der Diskussion über den Koalitionsvertrag haben eigentlich gezeigt wo es hin gehen muss: Mehr intensive Debatten, mehr Beteiligung der Basis. Ich glaube der Weg war gut und jetzt müssen wir was draus machen.

DOMRADIO.DE: Müssen Sie als Vorstand aber nicht doch mehr auf die Jusos zugehen, die am deutlichsten für ein "Nein" gestimmt haben?

Griese: Das ist ein ständiger Prozess. Vor Ort sind wir dauernd mit den Jusos im Gespräch. Die Jugend macht einen großen Teil der aktiven Arbeit der SPD aus. Ich glaube, dass sie aber auch akzeptieren müssen, dass die Mehrheit so eindeutig ist. Das behindert aber die Juso-Arbeit auch nicht, denn auch bei den ihnen gab es Leute, die mit "Ja" gestimmt haben.

DOMRADIO.DE: Bis Ostern soll die Regierung ihre Arbeit aufnehmen. Was muss bis dahin von Seiten der SPD noch passieren?

Griese: Die SPD muss nun wirklich die "Reform-Motor" der Regierung sein. Das zeigt das Mitgliedervotum, aber auch die intensive Debatte. Die SPD muss Profil zeigen und erkennbar sein. Und wenn es Kompromisse geben muss, die es immer in einer Regierung gibt, dann dürfen wir sie nicht bejubeln, sondern müssen mehr klares Profil der SPD zeigen. Das ist für mich die Lehre der letzten Wochen und Monaten.

DOMRADIO.DE: Sie sind als Politikerin auch kirchlich aktiv. Sind sind Mitglied im EKD-Rat und waren in der letzten Legislaturperiode religionspolitische Sprecherin der SPD. Was muss denn in dem Bereich Religionspolitik passieren in den nächsten vier Jahren?

Griese: Es gibt ein gutes Verhältnis zwischen der SPD und den Kirchen. Es gibt auch ein großes, breites Engagement der Menschen, die in den Kirchengemeinden aktiv sind für gesellschaftliche Ziele. Wenn man alleine auf die Flüchtlingsbetreuung schaut, wie viele Menschen da aus den Kirchengemeinden aktiv waren – dafür bin ich sehr dankbar. Das ist ein wichtiger Teil für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Im Moment stehen keine großen religionspolitischen Kontroversen an, aber wir haben mit der AfD nun eine Partei im Bundestag, die es schafft in jede Debatte ihr Feindbild der Muslime und des Islam einzubringen.

Deshalb wird es in den nächsten Jahren noch mehr darum gehen zu schauen, wie der interreligiöse Dialog gestärkt werden kann. Wie auch gerade die große Mehrheit der friedlichen Muslime in Deutschland unterstützt werden können, um ein klares Zeichen zu setzen gegen den Rassismus und die Hetze aus der rechtsextremen Ecke.


Kerstin Griese, SPD-Vorstandsmitglied / © Harald Oppitz (KNA)
Kerstin Griese, SPD-Vorstandsmitglied / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR
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