EKD-Ratspräsident kritisiert Regelungen zum Familiennachzug

"Für die Integration von großer Bedeutung"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, beurteilt die Regelungen im Koalitionsvertrag zum Familiennachzug als unzureichend. Die Obergrenzendiskussion führe nicht weiter.

 (DR)

Die evangelische Kirche sehe mit großer Sorge, dass das Recht auf Familiennachzug aufgegeben sei, sagte der Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der "Berliner Zeitung" am Freitag.

"Ab August sollen 1.000 Menschen pro Monat nachkommen können, aber man weiß nicht, nach welchen Kriterien sie ausgesucht werden sollen", erklärte Bedford-Strohm: "Der Familiennachzug ist aber für die Integration von großer Bedeutung." Wer in ständiger Angst um seine Familie lebe, könne sich viel schlechter integrieren.

Eingliederung in Arbeitsmarkt funktioniere nicht

Der bayerische Landesbischof rief die Koalition auf, den Schwerpunkt stärker auf Integration zu setzen. Es gebe im Koalitionsvertrag richtige Ansätze wie einen besseren Zugang zu Sprachkursen. Bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt gebe es aber Defizite. "Es ist nicht integrationsfördernd, wenn Flüchtlinge herumsitzen und nicht arbeiten dürfen, selbst wenn sie qualifiziert sind und gut Deutsch sprechen", so Bedford-Strohm.

Er kritisierte auch die Pläne, Asylbewerber künftig in großen Aufnahmezentren unterzubringen. "Es heißt, dass Flüchtlinge dort immer nur für kurze Zeit leben sollen, faktisch ist es aber anders, das wissen wir aus den beiden Aufnahmezentren in Bayern. Das bringt große Probleme mit sich."

"Entweder gilt das Asylrecht oder es gilt nicht"

Die Diskussion um Obergrenzen führe kein bisschen weiter, so Bedford-Strohm weiter. Es sei klar, dass es Grenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen gebe, an einer bestimmten Zahl sei dies aber nicht festzumachen. "Entweder gilt das Asylrecht oder es gilt nicht." Zwar sei es "vernünftig, über Korridore zu diskutieren, sie dürfen nur nicht starr sein, sondern müssen immer reagieren auf Notsituationen".

Der EKD-Ratspräsident forderte die Deutschen auf, die große Leistung des Jahres 2015 nicht zu vergessen. "Es war eine historische Zäsur, dass Deutschland mit seiner Geschichte Menschen in Not so offen willkommen geheißen hat." Die Diskussion in Deutschland sei derzeit jedoch zu stark auf Defizite orientiert, so Bedford-Strohm.


Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bei der Herbsttagung der Landessynode der evangelischen Kirche / © Daniel Karmann (dpa)
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bei der Herbsttagung der Landessynode der evangelischen Kirche / © Daniel Karmann ( dpa )
Quelle:
KNA
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