Afrikanische Union startet Tagung im "Jahr gegen Korruption"

Vetternwirtschaft bekämpfen

Jedes Jahr verliert Afrika mehrere Milliarden Euro durch Korruption - für den aufstrebenden Kontinent ein Entwicklungshindernis. Wird das Problem beim Treffen der Afrikanischen Union genügend Aufmerksamkeit erhalten?

Autor/in:
Markus Schönherr
Korruption bekämpfen / © Franziska Kraufmann (dpa)
Korruption bekämpfen / © Franziska Kraufmann ( dpa )

Die Afrikanische Union (AU) hat 2018 zum "Jahr gegen Korruption" erklärt. Entsprechend soll sich auch der erste Gipfel des Staatenbunds in diesem Jahr ab Montag bis 29. Januar in Addis Abeba dem Kampf gegen Vetternwirtschaft und politische Raubherrschaft widmen. Den Vorsitz hat Ruandas Präsident Paul Kagame.

Er ist für seine strenge Hand bekannt, wenn es um Korruptionsbekämpfung geht. Dennoch droht das eigentliche Thema "Den Kampf gegen Korruption gewinnen: Ein nachhaltiger Weg für Afrikas Wandel" beim 30. AU-Gipfel an den Rand gedrängt zu werden. Im Fokus stehen erneut die Krisenherde am Kontinent und die Frage um den Selbsterhalt der AU.

Korruption fördert Ungerechtigkeit und Verarmung

"Korruption dient als Katalysator für Migration und Terrorismus. Sie fördert Ungerechtigkeit und Verarmung. Tatsächlich könnten wir sagen, Korruption ist die am meisten vernachlässigte Menschenrechtsverletzung unserer Zeit." Mit dieser Aussage vor dem EU-Parlament sorgte Anton Du Plessis, Direktor des Instituts für Sicherheitsstudien (ISS), 2017 für Aufsehen.

Die Denkfabrik in Südafrika betrachtet Geld, das in Afrika durch Korruption erwirtschaftet wurde, als besondere Entwicklungshürde, denn: Es verlässt den Kontinent. Wenn es nicht in europäischen Banken gebunkert werde, fließe es in Villen in Übersee oder finanziere den Familien von Afrikas Machthabern ein Luxusleben in den Hauptstädten der Welt.

44 Milliarden Euro Verlust

"Obwohl andere Entwicklungsländer dasselbe Maß an Korruption erleben mögen wie jene in Afrika, fließt das Geld in derlei Fällen meist wieder in die lokale Wirtschaft statt ins Ausland", berichtet die ISS-Expertin Liesl Louw-Vaudran. Nur selten seien große Summen auf dem afrikanischen Kontinent verblieben, etwa die Millionen von Libyens Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi oder die Beute von Somalias Piraten.

44 Milliarden Euro verliere Afrika jedes Jahr durch illegale Geldflüsse, so eine Expertengruppe der UNO und der AU unter der Leitung von Südafrikas Ex-Präsident Thabo Mbeki. Doch es gibt auch Hoffnung, wie eine Reihe jüngster Schläge gegen kriminelle Netzwerke beweist: Äthiopiens Behörden konnten 55 korrupte Regierungsbeamte und Geschäftsleute festnehmen, und in Nigeria wurde die ehemalige Ölministerin Diezani Alison-Madueke der Geldwäsche überführt und angeklagt.

Erfolgsmodelle Mauritius und Ruanda

In Malawi wartet unterdessen Ex-Präsidentin Joyce Banda auf ihren Prozess, nachdem unter ihrer Aufsicht 23 Millionen Euro im sogenannten Cashgate-Skandal aus der Staatskasse verschwanden. Dass der Kampf gegen Korruption nicht aussichtslos ist, davon zeugen auch Mauritius und Ruanda - zwei afrikanische Erfolgsmodelle. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International rangieren beide Staaten auf Platz 50 - und schneiden damit besser ab als Italien oder die Slowakei.

Warum Korruptionsbekämpfung - trotz brennender Dringlichkeit - voraussichtlich nicht das beherrschende Thema des AU-Gipfels sein wird? Dafür sorgen erneut Afrikas Brennpunkte: Aufstände gegen das Kabila-Regime in der Demokratischen Republik Kongo, die Rückkehr der Terroristen in Somalia und die humanitäre Krise im Südsudan. Bürgerkrieg und Autokraten halten Afrikas Staats- und Regierungschefs beschäftigt.

Reformen und Saktionen

Daneben ist die AU 17 Jahre nach ihrer Gründung gerade dabei, sich neu zu erfinden. Zu den geplanten Reformen gehört neben einem neuen Sanktionsprozess für Mitgliedstaaten auch eine Arbeitsquote für Frauen innerhalb des Staatenbunds. Viel wichtiger noch: finanzielle Unabhängigkeit. Derzeit erhält die AU 76 Prozent ihres Budgets von Entwicklungspartnern.

Zwei Milliarden Euro kamen in den vergangenen 14 Jahren in Form von Unterstützungsgeldern allein von der EU. Zu Jahresbeginn betonte der AU-Kommissionsvorsitzende Moussa Faki Mahamat unverblümt: "Jede Organisation, die ihren Preis wert ist, sollte imstande sein, sich um sich selbst zu kümmern." Geht es nach Tschads früherem Außenminister, müssten alle 55 Mitgliedsstaaten der AU künftig einen jährlichen Mitgliedsbeitrag zahlen. Bislang haben sich dazu Berichten zufolge nur sechs afrikanische Staaten bereiterklärt.

 


Quelle:
KNA