Streit um Kreuz als Kriegerdenkmal in den USA

Debatte über religiöse Symbole im öffentlichen Raum

Ein Kriegerdenkmal mit christlichem Kreuz beschäftigt womöglich bald den US-Supreme Court. Es geht um die Frage, ob das Kreuzsymbol auf einem öffentlichen Platz gegen die Trennung zwischen Staat und Kirche verstößt.

Autor/in:
Bernd Tenhage
 (DR)

Das Kreuz des Anstoßes steht seit 92 Jahren in Bladensburg in Maryland außerhalb Washingtons. Es ist ein Kriegerdenkmal wie Tausende ähnlicher Art weltweit. Das zwölf Meter hohe Steinmonument erinnert an die 49 getöteten Soldaten des Ersten Weltkriegs, die auf europäischen Schlachtfeldern ihr Leben ließen und aus Prince George's County stammten.

Familien aus der Region hatten das Denkmal 1925 zusammen mit der American Legion finanziert und errichtet. 1961 wurde der Staat Besitzer des Monuments und des Grundstücks auf dem das imposante Friedenskreuz steht. Seitdem ist es mit rund 117.000 US-Dollar aus öffentlichen Mitteln gehegt und gepflegt worden. 2008 wurden weitere 100.000 US-Dollar bereitgestellt.

Die Verfassung und Religion

Ein klarer Fall von übermäßigem Engagement des säkularen Staates in religiöse Angelegenheiten und damit verfassungswidrig, urteilte im vergangenen Monat das 4. US-Bundesberufungsgericht in Richmond, Virginia. Denn der Staat müsse sich laut Verfassung aus der Religion heraushalten. Das wertete ein anderer Bundesrichter 2015 ganz anders.

Das Kreuz sei in erster Linie säkular und nicht religiös zu werten. Von einem Verstoß gegen die Verfassung könne keine Rede sein. Es geht um die Frage, ob das Denkmal durch das Kreuz, Sinnbild des Christentums, einen von der Verfassung nicht gedeckten Hinweis auf eine Religion gebe. Das Berufungsgericht hatte im Oktober mit zwei zu eins Richterstimmen im Oktober entschieden, die Trennungsmauer zwischen Kirche und Staat sei im Fall Bladensburg durchbrochen.

Wofür steht das Kreuz?

Dabei hatten die Begeklagten vom Maryland National Capital Park und die American Legion argumentiert, das Kreuz stünde dort nicht aus religiösen Gründen. Es ginge um die toten Soldaten, nicht um Gott.

Das sieht ausgerechnet ein Religionsexperte anders. Das Kreuz stehe für die Wahrheit einer Religion und "impliziere somit die Falschheit aller anderen Religionen", argumentiert der Religions- und Rechtswissenschaftler Douglas Laycock von der Universität Virginia. Die Symbolik der Auferstehung durch das Kreuz überlagere eindeutig die sekundäre Bedeutung der Totenverehrung.

Establishment-Klausel der Verfassung

Die Meinungen unter Juristen gehen darüber auseinander. In der sogenannten Establishment-Klausel der Verfassung wird es jeder US-Regierung untersagt, eine Religion einer anderen vorzuziehen.

Zwei der drei Richter am Berufungsgericht stellten sich in ihrem Urteil hinter die Argumentation der Kläger, die "American Humanist Association", einer Organisation, die sich für die Säkularisation einsetzt und mehrere nicht-christliche Einwohner des Prince George's County. Sie sehen durch das Christen-Kreuz eine übermäßige Vermischung des Staates mit einer Religion.

Ein Urteil, das plarisiert

Richter Roger Gregory stand alleine mit der Meinung, die Regierung sei nicht verpflichtet, "jeglichen Hinweis auf Religion aus der Öffentlichkeit zu entfernen".

Das Urteil polarisiert. "Wenn das der Präzedenzfall ist", so die Anwaltskanzlei First Liberty, die die American Legion vertritt, dann "sind alle Kriegsdenkmäler in Gefahr". Der Geschäftsführer von First Liberty, Kelly Shackelford, will den Fall vor das oberste US-Gericht bringen.

Wenn das Kreuz vor dem Supreme Court landet...

Es gibt Präzedenzfälle, die der Supreme Court als Entscheidungshilfe berücksichtigen könnte. In Kentucky wurden zunächst die gerahmten Zehn Gebote in einem Gerichtsgebäude akzeptiert, um später durch weitere Exponate historischer Dokumente, wie die Magna Charta oder die Unabhängigkeitserklärung in einen Kontext gestellt zu werden, der zeigen sollte, was alles zur Entwicklung des westlichen Rechtsgedankens beigetragen habe.

Sollte das Kreuz von Bladensburg vor dem Supreme Court landen, könnte das auch Auswirkungen auf andere "nationale Heiligtümer" haben. Denn dann steht auch das Argonenkreuz auf dem Soldatenfriedhof von Arlington auf dem Prüfstand.

Ein gekapptes Kreuz?

Das Urteil des 4. US-Berufungsgerichts lässt allerdings auch andere Spielräume für die streitenden Parteien zu. So könnte das Kreuzdenkmal um seine waagerechten Flügel gekappt werden, um daraus einen Obelisken zu machen. Möglich ist auch ein Umzug des Denkmals auf privaten Grund.


Quelle:
KNA