Kardinal kritisiert Gerichtsentscheid zur Ehe in Österreich

"Besondere Natur der Ehe"

Mit deutlicher Kritik hat Kardinal Christoph Schönborn auf die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zur "Ehe für alle" reagiert. Er sprach von einer "Einzigartigkeit" und damit "juristischen Sonderstellung" der Ehe.

Ehe für alle / © Jörg Sarbach (dpa)
Ehe für alle / © Jörg Sarbach ( dpa )

"Es ist beunruhigend, dass sogar die Verfassungsrichter den Blick verloren haben für die besondere Natur der Ehe als Verbindung von Mann und Frau", sagte der Wiener Erzbischof am Dienstag der Presseagentur Kathpress. Die Ehe sei wie keine andere Beziehung geeignet, Kinder hervorzubringen, zu hüten und aufzuziehen und damit die Generationenfolge zu sichern.

"Wenn der VfGH die Einzigartigkeit und damit die juristische Sonderstellung der Ehe verneint, die auf der Unterschiedlichkeit der Geschlechter aufbaut, verneint er die Wirklichkeit", so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz. Das Gericht erweise damit der Gesellschaft keinen Dienst, sondern schade am Ende allen - "auch denen, die er schützen möchte und die es auch zu schützen gilt". Schönborn fügte hinzu: "Ich bin zuversichtlich, dass sich langfristig die Einsicht in die Schöpfungsordnung wieder durchsetzen wird, die der Mensch nicht missachten kann, ohne Schaden zu nehmen."

Rechtsprechung zum Eherecht grundlegend geändert

Anlass für die Stellungnahme des Kardinals ist eine am Dienstag veröffentlichte Entscheidung des VfGH, mit der er seine bisherige Rechtsprechung zum Eherecht grundlegend geändert hat. Demnach sehen die Richter in der Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft eine verfassungswidrige Verletzung des Diskriminierungsverbots. Zugleich verfügte der VfGH, dass die bisher bestehenden unterschiedlichen Regelungen für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare mit Ablauf des 31. Dezember 2018 aufgehoben werden.

Somit können auch gleichgeschlechtliche Paare in Österreich künftig heiraten. Zudem steht dann die eingetragene Partnerschaft verschiedengeschlechtlichen Paaren ebenso offen. Geklagt hatten zwei Frauen, die in eingetragener Partnerschaft leben und die Zulassung zu einer Ehe fordern.

Inhaltliche Annäherung an die Ehe

Als Begründung für das Abweichen von seiner bisherigen Linie führte der VfGH an, dass sich die eingetragene Partnerschaft, die gleichgeschlechtliche Paare seit 2010 eingehen können, mittlerweile inhaltlich immer weiter an die Ehe angenähert habe. Die jüngere Rechtsentwicklung habe insbesondere eine "gemeinsame Elternschaft auch gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht", so das Gericht. Die Trennung in zwei Rechtsinstitute bringe zum Ausdruck, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung nicht gleich den Personen mit verschiedengeschlechtlicher Orientierung seien.

Die katholischen Bischöfe Österreichs hatten dagegen kürzlich in einer Erklärung betont, dass die Ehe wie bisher ausschließlich Paaren verschiedenen Geschlechts vorbehalten bleiben solle, weil das ihre Einzigartigkeit im Vergleich mit anderen Formen des Zusammenlebens ausmache. Diese Rechtseinsicht decke sich mit jener des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). So habe der EGMR wiederholt festgestellt, dass es nicht diskriminierend ist, die Ehe allein der Verbindung von Mann und Frau vorzubehalten, so die Bischöfe.


Christoph Kardinal Schönborn / © Cristian Gennari (KNA)
Christoph Kardinal Schönborn / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA
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