CDU-Politikerin Julia Klöckner zu den Herausforderungen im Umgang mit der AfD

"Wir sind der Stabilitätsanker"

Rückschlag für CDU und SPD, Aufschwung für die rechtspopulistische AfD: Eine reflexhafte "Nazi"-Keule sei dennoch unangebracht, sagte CDU-Politikerin Julia Klöckner, domradio.de. Stattdessen müsse man sich inhaltlich der AfD stellen.

Julia Klöckner / © Kay Nietfeld (dpa)
Julia Klöckner / © Kay Nietfeld ( dpa )

domradio.de: Lediglich 33 Prozent für die Union bei der gestrigen Bundestagswahl, die AfD drittstärkste Kraft. Katerstimmung?

Julia Klöckner (stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU und rheinland-pfälzische Vorsitzende): Was mir sehr große Sorge bereitet, ist, dass mit der AfD jetzt Politiker in den Deutschen Bundestag einziehen werden, die für die Stimmung und die politische Debattenkultur alles andere als positiv sein werden. Es hat sich etwas verschoben, aber die CDU hat den klaren Auftrag zur Regierungsbildung. Wir sind der Stabilitätsanker.

domradio.de: Sie gehören der Partei mit dem C an, das für "Christlich" steht. Sie persönlich sind im katholischen Laiengremium ZdK aktiv. Vermutlich hat Ihre Partei durch die Flüchtlingskrise viele Stimmen an den rechten Rand verloren. War das die Nächstenliebe wert?

Klöckner: Das muss man die Menschen fragen, die der AfD die Stimme gegeben haben. Das kann ich nicht beantworten. Die AfD sagt nicht, wofür sie ist. Sie ist nur dafür, dass sie dagegen ist. Damit schafft man es nicht, an der Spitze Europas zu bleiben. Wir leben in einem Land, das reich ist und eine Gesundheitsversorgung und Infrastruktur hat, wie kaum ein anderes Land. Wir haben sichere Arbeitsplätze. Klar, gibt es große Herausforderungen, wie die Pflege und die Bezahlung von Pflegekräften und von Geringverdienern. Das sind die nächsten Themen, die anstehen. Aber von der AfD habe ich dazu noch nichts gehört, insofern wird es wichtig sein, dass wir diese Wählerinnen und Wähler, die aus einem Impuls heraus  - weil sie mal ein Protestzeichen setzen wollten - die AfD gewählt haben, wieder gewinnen und überzeugen können.

domradio.de: Beruhigt das denn ein bisschen, dass das zu einem großen Teil Protestwähler waren?

Klöckner: Nein, wer jetzt von Beruhigung spricht nach diesem Wahlergebnis, der hat sich die Zahlen noch nicht richtig angeschaut. Die AfD hat viele gesammelt, die früher schon irgendwie dagegen waren und nicht zur Wahl gegangen sind. Sie haben die Stimmung mit einem Brandbeschleuniger angeheizt, indem sie Ängste und Szenarien aufgezeigt haben, die sehr wenig mit der Realität zu haben. Aber ein subjektives Gefühl kann zur realen Einordnung werden.

Das muss man ernst nehmen. Das kann so nicht weiter gehen, dass viele mit der reflexhaften "Nazi"-Keule kommen. Oder wenn man bei der Benennung von Problemen, die es bei Integrationsfragen auch gibt, Islamophobie vorgeworfen bekommt. Das, was nicht gut läuft in der Mitte der Gesellschaft, muss mit Maß und gesundem Menschenverstand angesprochen werden, damit wir es nicht den Falschen überlassen, die an den Rändern ausgrenzen, Hass schüren und dann davon reden, dass sie andere " jagen wollen". Das geht natürlich nicht.

domradio.de: Wie gehen Sie mit Ihrer christlichen Überzeugung mit so einer Partei um und mit dem Fakt, das sie als drittstärkste Kraft im Bundestag sitzen wird?

Klöckner: Na ja, sie ist gewählt. Und gewählt heißt, man muss das respektieren, was der Wähler uns aufgetragen hat. Wir können ja nicht so lange wählen, bis das Ergebnis uns passt und das herauskommt, was wir gerne hätten. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns am Ende inhaltlich stellen.

Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR
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