Ruhrbischof Overbeck sieht in Stahl-Fusion Chancen

Chancen durch Veränderung

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck sieht in der geplanten Stahlfusion von Thyssenkrupp und Tata Chancen. "Ich habe großes Verständnis für die Sorgen vieler Beschäftigter bei Thyssen-Krupp", sagte er in Essen.

Hochöfen von ThyssenKrupp in Duisburg / © Arnulf Stoffel (dpa)
Hochöfen von ThyssenKrupp in Duisburg / © Arnulf Stoffel ( dpa )

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sieht die geplante Stahlfusion von Thyssenkrupp mit dem indischen Unternehmen Tata Steel positiv. "Durch die Entscheidung von Heinrich Hiesinger wird Thyssen-Krupp weiter Stahl in unserer Region produzieren", erklärte  Overbeck am Freitag in Essen. "So können Tausende Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das ist verantwortungsvoll und wichtig für die Entwicklung und die Menschen im Ruhrgebiet." 

Für die Sorgen der Thyssenkrupp-Beschäftigten habe er "großes Verständnis", sagte der Ruhrbischof weiter. "Aber die Erfahrung lehrt uns: um zu erhalten, was uns wirklich wichtig ist, müssen wir uns immer wieder verändern." Zugleich mahnte er soziale Verantwortung
gegenüber den Mitarbeitern an: "Ich vertraue natürlich auch auf eine sozialverträgliche Gestaltung notwendiger Anpassungen und den Erhalt der Arbeitnehmerrechte in Deutschland."

Demo in Bochum

Bei einer Protestveranstaltung in Bochum machten dagegen am Freitag Betriebsräte, Gewerkschaftler und Politiker gemeinsam mit rund 7000 Stahlkochern Front gegen das Vorhaben, das allein in Deutschland 2000 Arbeitsplätze kosten soll. Für Empörung sorgt auch die geplante Verlegung des Unternehmenssitzes in die Niederlande.

DGB-Chef Reiner Hoffmann warf Thyssenkrupp vor, keine Rücksicht auf die Interessen der Arbeitnehmer zu nehmen. Alternativen würden nicht geprüft, kritisierte er. Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds forderte den Erhalt der deutschen Standorte und den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Auch die Verlagerung des Firmensitzes dürfe nicht über den Kopf der Belegschaft hin entschieden werden.

Die Zukunft des Stahls in Deutschland

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) forderte von dem Konzern die Vorlage von "Zahlen und keine Geheimniskrämerei". "Es geht um die Zukunft des Stahls in Deutschland", sagte sie. Knut Giesler, Chef der Gewerkschaft IG Metall in Nordrhein-Westfalen, warf dem Unternehmen vor, allein die Interessen der Finanzmärkte befriedigen zu wollen.

Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Thyssenkrupp-Stahlsparte, Detlef Wetzel, bezeichnete die Entscheidung zur Verlagerung des Firmensitzes als "Verrat an Nordrhein-Westfalen". "Es liegt noch ein schwerer Weg vor uns", sagte er.

Konzernbetriebsratschef, Willi Segerath, kündigte derweil eine Fortsetzung der Proteste an. "Der Auftakt ist gut, aber demnächst kommen wir näher an Essen ran. Wir lassen uns nicht ignorieren", sagte er unter Anspielung auf den Konzernsitz von Thyssenkrupp in der Nachbarstadt. Ob die Zahl von 4000 bedrohten Arbeitsplätzen, die Thyssenkrupp und Tata insgesamt abbauen wollen, das Ende der Fahnenstange sei, bezweifle der Betriebsrat. "Eine Lösung ohne Arbeitnehmer ist keine Lösung", sagte er.

Produktion lief wieder an

Vor der Demonstration hatten die Beschäftigten des größten deutschen Stahlkonzerns am Freitag die Produktion in den Werken in Duisburg und Bochum weitgehend zum Erliegen gebracht. Nachdem die Anlagen mit Beginn der Frühschicht heruntergefahren worden waren, lief die Produktion laut einem Thyssenkrupp-Sprecher am Nachmittag wieder an.

Der Konzern hatte am Mittwoch eine Absichtserklärung für eine Fusion der Thyssenkrupp-Stahlsparte mit dem indischen Konkurrenten Tata veröffentlicht. Bei beiden Unternehmen sollen je 2000 Stellen wegfallen und insgesamt 400 bis 600 Millionen Euro Synergien entstehen. Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger begründete den Schritt mit großen Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt. Die Branche leidet seit längerem darunter, dass vor allem China viel billiges Stahl produziert und so die Preise drückt.


Bischof Franz-Josef Overbeck im Portrait / ©  Jan-Philipp Strobel (dpa)
Bischof Franz-Josef Overbeck im Portrait / © Jan-Philipp Strobel ( dpa )
Quelle:
KNA , epd