CDU-Politiker Heiner Geißler ist tot

Ein streitbarer Mahner

Heiner Geißler, langjähriger Generalsekretär der CDU, Katholik und Attac-Mitglied, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Das hat sein Sohn Dominik mitgeteilt. Geprägt hat den Sozialpolitiker unter anderem seine Zeit im Jesuitenorden.

Heiner Geißler mit 87 Jahren gestorben / © Harald Oppitz (KNA)
Heiner Geißler mit 87 Jahren gestorben / © Harald Oppitz ( KNA )

Geißler kam am 3. März 1930 in Oberndorf am Neckar als Sohn eines Oberregierungsrates zur Welt. Das Abitur legte er auf dem Jesuiten-Kolleg Sankt Blasien im Schwarzwald ab. Anschließend trat er dem Orden für vier Jahre bei. 

In der CDU war Geißler zunächst Landesvorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg und saß dann von 1965 bis 1967 erstmals im Bundestag. 1967 wurde er Sozialminister in Rheinland-Pfalz und zu Beginn der Regierung Kohl 1982 für drei Jahre Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit. Dem Bundestag gehörte er erneut von 1980 bis 2002 an.

Vordenker und Modernisierer

Seine größte Prägekraft als Vordenker und Modernisierer der CDU entwickelte er als Generalsekretär der Partei zwischen 1977 und 1989. Unterschiedliche Auffassungen über die Rolle der Partei führten seit Mitte der 1980er Jahre zu Konflikten und schließlich zum Bruch mit dem Kanzler und Parteivorsitzenden Kohl. 1989 musste Geißler als Generalsekretär zurücktreten.

Auch nach seiner aktiven politischen Laufbahn blieb Geißler ein Mahner, der die CDU immer wieder vor "Kleingeisterei" warnte. In wirtschaftspolitischen Fragen entfernte sich Geißler zunehmend von seiner Partei und bezog linke Positionen. Geißler trat auch der globalisierungskritischen Vereinigung Attac bei.

Streitschlichter in Stuttgart

Seine letzte ganz große Mission hatte der CDU-Politiker, als er im Alter von 80 Jahren 2010 den Konflikt um das Bahnprojekt Stuttgart 21 schlichtete. Der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) bat Geißler um eine Vermittlung, die Grünen hatten ihn ins Gespräch gebracht.

Sein Schlichterspruch "Stuttgart 21 Plus" ebnete den Weg zur Umsetzung des Bahnprojekts, bezog aber viele Anregungen der Kritiker ein. In der Debatte um den US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden plädierte Geißler dafür, "ihm zu helfen" und Asyl anzubieten. 

"Anhänger Jesu"

Geißler befasste sich in seinen mehr als 20 Buchveröffentlichungen unter anderem mit der Modernisierung der Gesellschaft, aber auch mit der katholischen Soziallehre und der Bibel. In einem Interview mit domradio.de bezeichnete sich der CDU-Politiker noch im April diesen Jahres als "Anhänger Jesu". "Ich halte Jesus für den bedeutendsten Menschen, den es in der Weltgeschichte gegeben hat", sagte Geißler.

Er bezog sich in dem Gespräch auch auf die Heilige Schrift. Wer in Not sei, verdiene Hilfe, weil das eine Pflicht sei, so der CDU-Politiker. "Und zwar eine Pflicht, die sich aus dem Evangelium ergibt, aus der Geschichte die Jesus über den Samariter erzählt hat. Und das heißt, wir alle sind die Nächsten für diejenigen, die in Not sind", betonte Geißler.

"Kirchen verstecken sich zu sehr"

Der CDU-Politiker übte auch immer wieder Kritik an den Kirchen. Sie müssten sich mit Blick auf die großen Fragen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik klarer positionieren, erklärte Geißler gegenüber domradio.de. Zwar hätten die Kirchen in der Flüchtlingspolitik eine deutliche Position bezogen, aber sonst "verstecken sich die Kirchen, wenn es darum geht, eine Weltordnung zu konzipieren, die natürlich eine andere ist als die kapitalistische globale Wirtschaftsordnung."

In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" nannte Geißler Papst Franziskus als die einzig vernehmbare Kirchenstimme gegen die Auswüchse des globalen Kapitalismus. Mit Ausnahme von Franziskus vergäßen die Kirchen, "dass das Evangelium eine politische Dimension hat und sie mit ihren zwei Milliarden Anhängern eine globale Verantwortung für die Verwirklichung einer neuen, friedlichen, gerechten, humanen Weltordnung haben".


Quelle:
DR , KNA