Kirchen kritisieren Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa

Die Grenzen der Nächstenliebe

Die Kritik an der Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa verstärkt sich. Nach den mahnenden Worten des Kölner Kardinals Woelki und des Hamburger Erzbischofs Heße, äußert sich auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski.

Flüchtlinge im Mittelmeer / © Bram Janssen (KNA)
Flüchtlinge im Mittelmeer / © Bram Janssen ( KNA )

Auch der scheidende Hildesheimer Bischof Norbert Trelle forderte eine Kursänderung. Rekowski weitete die Kritik einiger katholischer Bischöfe an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung auf ganz Europa aus: "Eine Politik der Abschottung und Ausgrenzung ist weder aus humanitärer noch aus menschenrechtlicher oder politischer Sicht eine Lösung", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). Nächstenliebe kenne keine Grenzen, auch der Familiennachzug dürfe nicht eingeschränkt werden.

Nur noch zynisch

Zuvor hatte der Kölner katholische Erzbischof, Kardinal Rainer Woelki, der Bundesregierung einen unmenschlichen Umgang mit Flüchtlingen vorgeworfen und auch das EU-Türkei-Abkommen scharf verurteilt. Es sei eine "Schande für Europa, dass wir mit einem solchen Land Abkommen schließen". Aus Woelkis Sicht kann es "nur als zynisch bezeichnet werden", eine Politik zu loben, die die Zahlen der Migranten senke "um den Preis, dass diese in Lagern an der afrikanischen Küste unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten werden".

Der Flüchtlingsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, forderte mehr Solidarität der europäischen Staaten beim Umgang mit Flüchtlingen: "Wir brauchen hier mehr Fairness - zwischen den europäischen Staaten und vor allem gegenüber den Flüchtlingen", betonte er nach einem Besuch bei Flüchtlingen und Helfern auf Sizilien.

Große Sorgen

Sehr kritisch beurteilte er die Zusammenarbeit mit Libyen. Die Lage in dem "Land ohne funktionierende staatliche Strukturen" sei besorgniserregend. Es gebe zahllose Berichte über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, gerade gegenüber Flüchtlingen: "In seiner derzeitigen Verfassung ist Libyen deshalb kein Partner für die EU-Flüchtlingspolitik."

Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) forderte auch der scheidende Hildesheimer Bischof Norbert Trelle "viel mehr Solidarität mit Ländern wie Italien und Griechenland. Und wir sollten nicht vergessen, dass Jordanien und der Libanon weit über eine Million Flüchtlinge aufgenommen haben, obwohl sie nicht einmal ansatzweise über die ökonomischen Möglichkeiten verfügen wie die Staaten der EU."

Rettung von Leben

Volker Beck, der religions- und migrationspolitische Sprecher der Grünen, forderte am Samstag in Berlin dazu auf, die Kritik der Kirchen sehr ernst zu nehmen: "Die Rettung von Leben und die Menschenrechte von Flüchtlingen müssen wieder in das Zentrum der Flüchtlingspolitik genommen werden."


Quelle:
KNA