Simulation ermöglicht Jugendlichen Wahlbeteiligung

Wahl unter 18?

Am 24. September wird der neue Bundestag gewählt. Wer wählen will, muss 18 Jahre alt sein. Christian Brüninghoff vom Landesjugendring findet das nicht richtig. Warum hat er im domradio.de-Interview erklärt.

Bundestagswahlen in Nordrhein-Westfalen / © Henning Kaiser (dpa)
Bundestagswahlen in Nordrhein-Westfalen / © Henning Kaiser ( dpa )

domradio.de: Wie kommen Sie darauf, dass eine Wahlerlaubnis ab 18 nicht rechtens sein soll?

Christian Brüninghoff (Referent beim Landesjugendring NRW): Jeder Mensch in Deutschland ist ein Bürger, Kinder und Jugendliche gehören dazu. Ihnen wird mit der Regelung ihr Recht vorenthalten. 

domradio.de: Die neue Perspektive auf die Rechte der Kinder wächst seit den 1970er Jahren. Die U18-Wahl-Idee gibt es seit 1996, in Berlin hat wohl alles begonnen. Was steckt dahinter?

Brüninghoff: U18 bietet überall dort, wo Kinder und Jugendliche sind - in Schulen, Jugendverbänden, mobilen Einrichtungen - für alle jungen Menschen die Möglichkeit, an einer Bundestagswahl teilzunehmen. Wir möchten zeigen, wie junge Menschen entscheiden würden und damit der Politik vermitteln, was junge Menschen möchten.

domradio.de: Abgehalten werden die U18-Wahlen immer neun Tage vor den "Erwachsenenwahlen". Wie laufen die Wahlen für die jungen Menschen ab?

Brüninghoff: Das hängt ganz davon ab, wo die Wahlsimulationen abgehalten werden. Die Wahllokale werden ehrenamtlich organisiert; die Politiklehrer sind meistens mit eingebunden. In der Schule beispielsweise wird anhand von Klassenlisten sichergestellt, dass jeder Schüler auch nur einmal wählt. Es gibt Wahlkabinen, es gibt Projekte zur politischen Bildung, Auseinandersetzung mit Kandidaten. Die Ergebnisse der Wahl werden jeweils ausgezählt und online eingetragen, sodass sie bundesweit in ein Ergebnis einfließen. An der letzten U18- Bundestagswahl vor fünf Jahren haben mehr als 100.000 Jugendliche teilgenommen.  

domradio.de: Wie waren die Ergebnisse denn?

Brüninghoff: Interessant war, dass SPD, CDU und GRÜNE ungefähr auf den gleichen Stimmenanteil gekommen sind. Das war so bei der U18-Bundestagswahl 2013. Auffällig war dann auch, dass die jungen Menschen die AfD nicht über die Fünf-Prozent-Hürde haben kommen lassen, bei der U18-Landtagswahl in NRW 2017.

domradio.de: Dürfen auch Kinder ausländischer Herkunft mitmachen?

Brüninghoff: Ja, die Wahl ist nicht an die Staatsangehörigkeit gebunden. Wir begreifen die U18-Wahl auch als Projekt, um sich mit Politik und politischen Diskursen in Deutschland auseinanderzusetzen.

domradio.de: In einigen afrikanischen Ländern haben Menschen Stunden angestanden, um wählen zu können. Die Erwachsenen in Deutschland müssen aber immer häufiger zur Wahlurne "getragen" werden. Ist Wählen für Kinder hier wirklich so interessant?

Brüninghoff: Kinder und Jugendliche wollen sich beteiligen. Sie sind von allen Generationen die engagierteste Gruppe. Viele haben noch eine Unbefangenheit, die bei vielen älteren Menschen einer gewissen Frustration weicht. Es ist eher fahrlässig, dieses Potenzial der Jugendlichen für unsere Demokratie und unsere Gesellschaft nicht aktiv zu nutzen.

domradio.de: Wie viele Wahllokale wird es zur Bundestagswahl 2017 geben?

Brüninghoff: Das können wir noch nicht abschließend sagen, weil die Anmeldung noch läuft. Aktuell gibt es in NRW in über 80 Kommunen und 270 Wahllokale. Da die Sommerferien unglücklich lagen, werden noch weitere Anmeldungen hinzukommen. Die aktuellen Zahlen kann man über unsere Webseite www.u18.org/bundestagswahl-2017 einsehen. Bundesweit sind wir bereits bei 1.300 Anmeldungen, Anzahl steigend.

domradio.de: Das heißt man kann sich noch anmelden?

Brüninghoff: Richtig, Interessierte können auf der Webseite über den Button "Wahllokale anmelden" auswählen. Alle Materialienkönnen heruntergeladen oder bei uns kostenlos bestellt werden.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR