Warum Kryptowährungen der Kirche nicht ganz geheuer sind

Das Geld im Bauch des Internets

Wer Anfang des Jahres sein Geld in Bitcoins angelegt hat, bekommt heute fast das Fünffache dafür. Ein geniales Anlagemodell? Die Kirchen lassen die Finger davon. Bislang.

Autor/in:
Marcus Mockler
Bitcoin-Automat in der Schweiz  / © Christian Beutler (dpa)
Bitcoin-Automat in der Schweiz / © Christian Beutler ( dpa )

Der Kurs geht durch die Decke: Anfang Januar kostete ein Bitcoin gut 900 Euro, im August waren es kurzfristig über 4.400 Euro. Die sogenannte Kryptowährung, für die keine Banknoten gedruckt werden und die nur übers Internet eingesetzt werden kann, erlebt einen Boom.

Bitcoin ist die bekannteste Kryptowährung, aber keineswegs die einzige: Derzeit sind rund 600 solcher virtueller Zahlungsmittel im Umlauf, sagt Gert Baur vom Landeskriminalamt in Stuttgart. Den größten Marktanteil hat Bitcoin, das fast die Hälfte des als Kryptowährung gehandelten Kapitals umfasst. Sie steht auch im Verdacht, bevorzugtes Zahlungsmittel Krimineller zu sein, weil die Beträge weltweit anonym verschoben werden können.

"Zunächst nichts Schlechtes"

Doch Geldwäsche-Experte Baur sieht in solchen virtuellen Währungen zunächst nichts Schlechtes. Sie seien ethisch vergleichbar mit Banknoten. Ob damit Brötchen oder Heroinpäckchen bezahlt werden, hänge von den Akteuren ab und nicht vom Zahlungsmittel. Deshalb gerate jemand nicht schon alleine deshalb, weil er sich Bitcoins beschafft, auf das Radar der Polizei.

Das Geheimnis des Bitcoin ist die sogenannte Blockchain, also Blockkette. In dieser aufwendig verschlüsselten Datenbank befinden sich die Transaktionen für alle gehandelten Bitcoins. Das System sichert, dass weder ein gefälschter Bitcoin eingeschleust noch ein Bitcoin zur selben Zeit zwei Mal ausgegeben werden kann. Durch die Verschlüsselungstechnik lassen sich praktisch von jedem Computer der Welt aus Beträge ohne Verrat der eigenen Identität via Internet überweisen.

Vorteile der Kryptowährungen

Auch Oberkirchenrat Martin Kastrup, Finanzchef der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, kann sich für Bitcoins begeistern. Ein Zahlungsmittel, auf das weder Banken noch Regierungen Einfluss haben und das fälschungs- und inflationssicher ist - das fasziniert den Geldexperten. So könnten Frauen in Ländern, in denen keine Gleichberechtigung existiert, selbst steuern, wofür sie den Lohn ihrer Arbeit verwenden wollten. In Entwicklungsländern ohne funktionierendes Bankensystem böten Kryptowährungen die Möglichkeit, nur übers Internet Geld zu transferieren.

Für die Kirche ist der Bitcoin allerdings bislang keine Investitionsmöglichkeit. Das liegt laut Kastrup zunächst einmal daran, dass man eine Positivliste erstellt habe, in welchen Anlageklassen Kirchengelder investiert werden dürfen - und Kryptowährungen seien da schlicht nicht vorgesehen. Nicht zuletzt bergen die Kursschwankungen des Bitcoin für Anleger hohe Risiken.

Bitcoins in der Zukunft?

Denen wolle sich die Kirche mit dem anvertrauten Geld ungern aussetzen. Dass die Kirche sich aber für alle Zeiten von Bitcoins, Ethereum und anderen Internetwährungen fernhält, da ist sich der Oberkirchenrat nicht sicher. Er halte es für denkbar, dass Fonds gebildet werden, in denen solche Zahlungsmittel nur beigemischt sind, um das Risiko zu streuen.

Inzwischen hat sich das Interesse der Bitcoin-Nutzer ohnehin verlagert. Ging es am Anfang vor allem um weltweite Transaktionen an Geldinstituten vorbei, so interessieren sich zunehmend Spekulanten und Anleger für die Kryptowährung. "In der Tendenz ist sie vom Zahlungsmittel zum Aufbewahrungsmittel geworden", sagt Oberkirchenrat Kastrup. Dies sei ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor.

Diese Entwicklung kann auch Gert Baur vom Landeskriminalamt bestätigen. Allerdings: In Krisensituationen flüchtet offenbar selbst der Normalverbraucher zum Bitcoin. So habe man auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in Griechenland, als die Banken geschlossen waren, verstärkt Bitcoin-Transaktionen in dem Mittelmeerstaat registrieren können.


Quelle:
epd