Nach Chicago-Klage gegen US-Regierung: Was sagt die Kirche?

Unterschiedliche Reaktionen

US-Präsident Trump droht Städten mit finanziellen Strafen, wenn sie illegalen Einwanderern Zuflucht bieten. Dagegen will Chicago nun vor Gericht ziehen. Die ansässigen Kirchen verfolgen ihre ganz eigene Politik, berichtet ein Experte domradio.de.

Eine syrische Familie bei der Ankunft am Flughafen in Chicago / © Nuccio Dinuzzo (dpa)
Eine syrische Familie bei der Ankunft am Flughafen in Chicago / © Nuccio Dinuzzo ( dpa )

In den USA gibt es weit über 100 Städte, die auch illegalen Einwanderern Zuflucht bieten wollen. Dazu zählen neben Chicago auch Washington, Los Angeles, San Francisco, Boston und New York. Sie nennen sich "sanctuary city" - "Zufluchtsstadt".

Die Zufluchtsstädte weigern sich, Daten von illegalen Einwanderern an die Behörden weiterzugeben, so wie es die Richtlinien von Präsident Trump vorsehen. "Diejenigen, die in diesen Städten wohnen sind mehr oder weniger geschützt. Es wird nicht danach gefragt, ob sie illegal oder legal eingewandert sind", erklärt USA-Experte Tyson Barker gegenüber domradio.de. Er war bis zum vergangenen Jahr im  US-Außenministerium tätig und arbeitet jetzt für den transatlantischen Think-Tank "Aspen Institute" in Berlin. 

Wirtschaftskraft als Begründung

Ihre Vorgehensweise begründen die Zufluchtsstädte mit dem Hinweis auf die Bedeutung der Migranten für die Wirtschaftskraft, so Barker: "Sie tragen zum Wohlstand dieser Städte bei."

Das eigenmächtige Handeln der Städte ist Präsident Trump ein Dorn im Auge, er hatte den Kampf gegen illegale Einwanderung zu einem seiner wichtigsten Wahlversprechen gemacht. Sein Justizminister Jeff Sessions droht nun, den ungehorsamen Städten bestimmte Bundesmittel zu streichen.

Klage ist ein weiterer Schritt im Rechtsstreit

Dagegen reichte Chicago wiederum am Montag eine Klage gegen die US-Regierung ein. "Chicago wird sich nicht erpressen lassen, unsere Werte zu ändern. Wir sind und bleiben eine Stadt, die willkommen heißt", sagte der demokratische Bürgermeister Rahm Emanuel zur Begründung.

Das Werteverständnis einer Willkommenskultur kommt in Chicago aber auch aus dem kirchlichen Leben, erklärt US-Experte Barker: "Die katholische Kirchengemeinschaft in Chicago hat eine lange Geschichte als Schutzgebiet für illegale Einwanderer, das geht bis in die 1980er Jahre zurück. Hunderte Einzelkirchen seien in der drittgrößten Stadt der USA bei der Hilfe für Migranten aktiv.

Kirche gespalten

Barker räumt allerdings auch ein, dass die Kirchengemeinden in Chicago auf die Ankündigung der Klage gegen die US-Regierung unterschiedlich reagiert haben. So kündigte das Erzbistum an, sich nicht mehr den gesetzlichen Regelungen von US-Präsident Donald Trump gegen illegale Einwanderer widersetzen zu wollen - auch nicht mit Hilfe des Kirchenasyls.

Einzelne Kirchengemeinden in Chicago sehen das nicht so: Die Zahl der Stätten wächst, die den Gesuchten einen geschützten Raum anbieten. Allgemein sei in der US-Kirche die Form des zivilen Widerstands umstritten, so Barker. Der Bischof von Manchester, US-Bundesstaat New Hampshire, Peter Libasci, äußerte z.B. jüngst seine Sorge, die Ausrufung von Schutzzonen mache die Behörden vielleicht erst richtig auf die illegalen Einwanderer aufmerksam.

Dagegen empfiehlt der Kardinal von Chicago, Blase J. Cupich, seinen Gemeinden, die Einwanderungsbeamten höflich zu bitten, nicht auf kirchliches Gelände zu kommen. Unabhängig von  den Aktivitäten der Kirchen ist der Streit zwischen Trump und den Zufluchtsstätten noch nicht entschieden.


Quelle:
DR , KNA , dpa