Abgeordnetenbibel aus Baden-Württemberg

"Mehr erfahren über den Menschen"

Welches Bibelzitat ist für Sie am prägendsten und warum? Diese Frage haben 90 Mitglieder des Landtags Baden-Württemberg in der Abgeordnetenbibel beantwortet, die jetzt erschienen ist. Ein domradio.de-Interview mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras.

Vorstellung der Abgeordnetenbibel (GM)
Vorstellung der Abgeordnetenbibel / ( GM )

domradio.de: Sie haben in dieser Woche die sogenannte Abgeordnetenbibel vorgestellt. Was ist das für ein Buch?

Muhterem Aras (Präsidentin des Landtags Baden-Württemberg): Das ist ein Buch, in dem 90 Abgeordnete, die freiwillig mitgewirkt haben, ein Zitat aus der Bibel interpretiert haben. Ich finde, insgesamt ist es ein sehr gelungenes Werk.

domradio.de: Sie haben natürlich auch mitgemacht und haben sich das Zitat ausgesucht: "Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst." Warum?

Aras: Es geht einfach darum, dass man sich damit beschäftigen sollte, wie man mit seinen Mitmenschen umgeht. Ich finde, das passt sehr gut in die Politik, aber eben auch in den Alltag - sei es in der Familie, in der Schule, bei der Arbeit. Letztendlich will doch jeder gut behandelt werden. Und deshalb fand ich dieses Zitat sehr zutreffend.

domradio.de: Das heißt also, mit dieser Abgeordnetenbibel kann ich die Leute, die Politik für mich machen, ein bisschen kennenlernen, erfahre mehr von ihren Ansichten und Vorstellungen?

Aras: Ich interpretiere das auf jeden Fall so. Die Politikerinnen und Politiker werden ja oft nur als politische Funktionsträger wahrgenommen. Dahinter steckt aber der Mensch. Und gerade, weil jeder sich ganz bewusst eine bestimmte Stelle herausgenommen und sich damit auseinandergesetzt hat, erfahre ich doch sehr viel von dem, was hinter diesen politischen Funktionsträgern steckt, was sie bewegt, was ihnen besonders wichtig ist. Insofern erfahre ich einfach mehr über den Menschen.

domradio.de: Als Wahlhilfe ist es nicht gedacht, oder? 

Aras: Nein, auf gar keinen Fall. Das würde ich auch für die Kolleginnen und Kollegen zurückweisen. Das sind wirklich Gedanken, die einen tragen, mit denen man sich auseinandersetzt. Ich zum Beispiel lese aus meinem Zitat auch heraus, dass es letztendlich um Toleranz geht. Und Toleranz ist ja für uns Grundpfeiler unserer Demokratie. Ich meine, wir müssen uns darauf besinnen, wie wir miteinander umgehen, müssen uns auf unsere Grundwerte besinnen. Das gilt auch für die politische Debatte: Debatten können gerne kontrovers sein, aber sie sollten fair im Umgang sein.

Und ich finde, es ist nicht falsch, sich mal mit der Bibel zu beschäftigen. Aus der Bibel kann man entnehmen, dass man immer wieder nach den Werten und Normen fragen kann, die uns prägen. Aber die Entscheidung über unser konkretes Handel nimmt uns natürlich kein religiöser Text aus der Hand. Das heißt, wie haben die Freiheit über die Entscheidung aber damit auch die Verantwortung dafür, dass wir uns in der Gesellschaft über Werte austauschen und verständigen. 

domradio.de: Stöbern Sie selbst auch in dem Buch, um zu schauen, welche Zitate sich die Kollegen ausgewählt haben?

Aras: Ja, ich fand es interessant, zu sehen, wer sich welches Zitat ausgesucht hat. Denn es ist ja nicht so, dass ich jeden Kollegen persönlich kenne. Insofern erfahre ich auch mehr über meine Kolleginnen und Kollegen, indem ich mich mit den Zitaten beschäftige. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR , GM