Bosnischer Politiker Covic beim Papst

EU-Beitritt, Friede und interreligiöser Dialog

Papst Franziskus hat am Donnerstag Dragan Covic, Mitglied im Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina, in Privataudienz empfangen. Im Anschluss traf Covic mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zusammen. 

Papst Franziskus empfängt den bosnischen Politiker Dragan Covic / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus empfängt den bosnischen Politiker Dragan Covic / © Romano Siciliani ( KNA )

Im Mittelpunkt der Gespräche standen nach Vatikanangaben die EU-Beitrittsverhandlungen und aktuelle Herausforderungen des Balkanstaats. Zudem ging es demnach um Frieden, Versöhnung, interreligiösen Dialog und die Lage der katholischen Minderheit.

Die persönliche Unterredung Covics mit dem Papst dauerte 22 Minuten und fand mit Hilfe eines Dolmetschers in der Privatbibliothek im Apostolischen Palast statt. Es war der dritte Besuch Covics bei Franziskus nach Treffen im Dezember 2014 und im November 2015. Am 6. Juni 2015 begrüßte er den Papst bei dessen eintägiger Visite in Sarajevo.

Wahlgesetzreform steht an

In Bosnien und Herzegowina steht eine Wahlgesetzreform an, die die Position der kroatischen Minderheit stärken könnte. Die Gruppe der kroatischen Bosnier erlebt seit Jahren eine starke Migration ins benachbarte Kroatien und nach Zentraleuropa. Ob dies beim Treffen Covics mit dem Papst zur Sprache kam, wurde nicht bekannt, ebensowenig, ob der unweit der Heimat Covics gelegene umstrittene Pilgerort Medjugorje eine Rolle spielte.

Covic ist kroatischer Vertreter im Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina, das jeweils von einem Bosniaken, einem Kroaten und einem Serben gebildet wird. Völkerrechtlich nimmt das Präsidium die Rolle eines Staatspräsidenten an. Im Vorsitz wechseln sich die Vertreter der drei Volksgruppen alle acht Monate ab. Der Turnus für Covic, zugleich Vorsitzender der christdemokratisch-konservativen Kroatischen Demokratischen Union in Bosnien und Herzegowina (HDZ), beginnt am 17. Juli.

Kostbares Buch als Gastgeschenk

Als Gastgeschenk brachte Covic dem Papst ein Faksimile des Messbuchs des Herzogs Hrvoje von Split mit. Die 1403 entstandene Handschrift auf 247 Pergamentblättern, die in kroatischem Kirchenslawisch abgefasst und mit zahlreichen Illustrationen geschmückt ist, gilt als das kostbarste Beispiel kroatischer Buchkunst aus dem Mittelalter.

Papst Franziskus revanchierte sich mit einem Medaillon, das einen Olivenzweig als Friedenssymbol zeigt, und mit Ausgaben seiner drei Schreiben "Evangelii gaudium", "Laudato si" und "Amoris laetitia".

Besuch in San Girolamo

Für Covic und seine Delegation waren anschließend Besuche im Vatikanischen Geheimarchiv und im Päpstlichen Priesterkolleg San Girolamo geplant. Seit dessen Gründung 1901 durchliefen dort rund 400 angehende kroatische Kleriker einen Teil ihrer Ausbildung. Zuvor war San Girolamo seit 1453 Sitz einer kroatischen Bruderschaft. Heute dient die gleichnamige, am Tiber unweit des Augustus-Mausoleums gelegene Kirche auch als Zentrum der in Rom lebenden kroatischen Katholiken.

In Bosnien und Herzegowina ist etwa die Hälfte der Bevölkerung muslimisch. Unter den Christen stellt die serbisch-orthodoxe Kirche die Mehrheit vor den Katholiken.


Quelle:
KNA