Schwesig als Nachfolgerin von Ministerpräsident Sellering

"Kraft auch durch Gottvertrauen"

Im politischen Berlin machte es schon länger die Runde: Bundesfamilienministerin Schwesig könne sich vorstellen, Ministerpräsident Sellering in Schwerin zu beerben. Die wahrscheinliche Ablösung kommt nun schneller als erwartet.

Autor/in:
Birgit Wilke
Manuela Schwesig und Erwin Sellering / © Jörg Carstensen (dpa)
Manuela Schwesig und Erwin Sellering / © Jörg Carstensen ( dpa )

Nach fast vier Jahren in der Bundesregierung geht es für Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) nun offenbar zurück in die Landespolitik: Am Dienstag kündigte der derzeit amtierende Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), aufgrund einer Krebserkrankung seinen Rücktritt an. Nun soll ihm Schwesig folgen. Das bestätigte SPD-Chef Martin Schulz am Dienstagnachmittag in Berlin. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wird neue Bundesfamilienministerin.

So könnte ihr Auftritt beim gerade zurückliegenden Evangelischen Kirchentag für Schwesig, die sich selbst erst vor wenigen Jahren taufen ließ und wie Sellering protestantisch ist, der vorerst letzte als Bundesministerin vor einem großen Publikum gewesen sein. Dabei kennt Schwesig, die vor ein paar Tagen ihren 43. Geburtstag feierte, das Terrain gut: Von 2008 bis 2013 war sie Sozialministerin in dem nördlichen Bundesland. Hier machte sie sich auch bundespolitisch schnell einen Namen: In der Familienministerkonferenz machte sie sich unter anderem dafür stark, dass auch die Bundesländer in einen Fonds für Missbrauchsopfer einzahlen sollten. Lange Zeit war Mecklenburg-Vorpommern auch das einzige Bundesland, das diesen Schritt vollzog.

Im Monatstakt neue Gesetzesinitiativen

Ab 2013 agierte Schwesig, die als junges, modernes Gesicht ihrer Partei galt und sich auch mehrmals mit Finanzminister Wolfgang Schäuble anlegte, hartnäckig und konsequent: Die gebürtige Brandenburgerin, die unter anderem von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf die politische Bühne geholt wurde, trat geradezu mantrahaft für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein.

Anders als ihre von vielen als schwach kritisierte Vorgängerin Kristina Schröder (CDU) legte Schwesig schon kurz nach ihrer Amtseinführung ein Programm vor, das sie zuvor in den Koalitionsverhandlungen mit der Union mitdurchgefochten hatte. Fast im Monatstakt legte ihr Ministerium anschließend Gesetzentwürfe vor: Reformen, die für mehr Flexibilität in der Elternzeit und für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern sorgen sollen; sie stellte Bundesmittel für den Kitaausbau bereit und versuchte, durch Präventionsmaßnahmen gegen den Rechtsextremismus vorzugehen.

Vorwurf: Gesetze mit "heißer Nadel" gestrickt

Die Bundesländer brachte sie dazu, dass diese sich zumindest auf bestimmte Standards in Kitas verständigten. Auch an der Reform des Prostituiertenschutzgesetz wirkte sie mit. Und sie reagierte schnell: Während der Flüchtlingskrise legte sie ein neues Programm beim Bundesfreiwilligendienst auf, das neue Stellen für Flüchtlingshilfe schuf.

Neben viel Lob - vor allem von Frauen- und Familienverbänden - musste sie auch viel Kritik einstecken: Gesetzentwürfe seien mit "heißer Nadel" gestrickt, sie schaffe Bürokratiemonster, waren nur zwei der Vorwürfe. Dazu wurden vieler ihrer Auftritte moniert: Ihre Reden wirkten gestanzt, "unauthentisch", so die politischen Gegner.

Tochter Julia ist am Weltfrauentag geboren

Schwesig ließ sich davon nicht beeindrucken. Schwesig ließ sich davon nicht beeindrucken. Als im vergangenen Jahr die Geburtenrate erstmals seit der Wiedervereinigung wieder anstieg, sprach sie von einem "schönen Signal". Es sei für sie die größte Motivation mehr für Kinder und Familien zu erreichen.

Auch sie selbst wurde während ihrer Amtszeit zum zweiten Mal Mutter. Ihre Tochter Julia wurde - ausgerechnet - am Weltfrauentag geboren. Sie tanke Kraft bei ihrer Familie, betonte sie immer wieder. Auch unter der Woche versuchte sie sich immer wieder zumindest einen Nachmittag für ihre zwei Kinder und ihren Mann freizuhalten.

Schwesig ließ sich mit Mitte Dreißig taufen

Kraft gebe ihr aber auch das Gottvertrauen, so bekannte sie. Schwesig - in Frankfurt an der Oder geboren - wuchs in der DDR auf. Sie ließ sich mit Mitte Dreißig taufen. Die Taufe sei für sie der Abschluss eines längeren Weges zum Glauben und zugleich der Beginn eines neuen Weges gewesen, meinte sie in einem Interview. Anlass sei die Geburt ihres ersten Sohnes gewesen.

In ihrem neuen Amt wird sie ihre Familie nun öfter sehen können. Auf Schwesig, die auch bekannte, auch sie leide mitunter am Spagat zwischen Beruf und Familie, kommen nun neue Aufgaben zu. Eine davon ist der Umgang mit der AfD, die im Landesparlament vertreten ist und deren Familienpolitik sie zuletzt auf dem Kirchentag kritisierte. 


Quelle:
KNA